
Die Arbeit - Material
Undressed / Recordjet / EdelVÖ: 21.02.2020
In Backstein gemeißelt
Kann man so machen: Seine Band Die Arbeit nennen und sein Album mit dem endlos wiederholten Mantra "Nie wieder Leistung" beschließen. Eine nachdrückliche Absage an eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder in Over- und Underachiever einteilt? Ein pointierter Widerpart zur bleiernen Forderung "Nie wieder scheitern", die Die Nerven einst auf "Fun" formulierten? Es mag so oder so sein – doch das eigene Erreichte kann das Quartett aus Dresden mit diesem Satz nicht gemeint haben. Schließlich hat der Hörer nach dem geknickten Midtempo und der kreiselnd einstimmenden Riff-Schlaufe von "Lonely dance" eine Dreiviertelstunde "Material" aus dunkelgrauem Post-Punk intus, die sich keineswegs hinter den Stuttgarter Säulenheiligen verstecken muss. Und den anthrazitfarbenen Mini-Monolith vom "Out"-Cover vorsichtshalber gegen einen Backstein austauscht.
Und sobald im Opener der "Gott Generator" zu rotieren anfängt und die Gitarren zum ersten Mal schrill zerplatzen, weiß man: Der Vierer gibt sich auf seinem Debüt als Die Arbeit genauso unerbittlich wie sein Bandname. Auf jeden überfallartigen Break folgt ein Rollkommando aus Rumpelbass und kompaktem Groove, in jede der knapp bemessenen Leerstellen bellt Maik Wieden so vehement Parolen wie "In jeder Uniform klebt ein Mann aus Plastik / Die Werte der Reform vergrößern Deine Spastik", als wären diese ihm genauso zuwider wie die sozialen Abraumhalden, gegen die er so verzweifelt ansingt. Da wird die eingangs nahezu beängstigende Präzision der Licks von "Haut, Knochen und Gesichter" unversehens zur Punkrock-Höllenfahrt und das Spiegelbild zur Fratze der fremdbestimmten Existenz. Und "Im Büro" sind die Feuchttücher heute aus Schmirgelpapier.
Kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? Das könnte daran liegen, dass Die Arbeit diese verdrießliche Spielart desillusionierter Rockmusik bereits 2015 auf "Modern modern" ähnlich souverän und zielgerichtet ans rostige Messer lieferten – mit dem Unterschied, dass sie da noch Leo Hört Rauschen. hießen. Und von deren Zeilen "Ich möchte stören, zur Reaktion gehören / Ich möchte kontrollieren in allen Hauptquartieren" ist es nicht weit bis zu "Verlange nach Vernichtung / Verlange nach Konzept / Verlange nach Kontrolle und nach einem weichen Bett." Zugegeben: Ein sanftes Ruhekissen sind Songs wie "Visier", das jeden Moment gegen eine Wand aus langgezogenen Reverbs zu krachen droht, oder das mit der Sense rasselnde "Gewalt" zu keiner Sekunde – aber dafür umso grimmiger drängelnde Hits auf engem Raum, bei denen die Wande immer näher rücken.
Dass da "Keine Zeit für Ironie" bleibt, wird auch beim gleichnamigen Stück klar, das als zeitlich desorientierter, düsterer Talking Blues mit Paranoia und Isolation mauschelt. Denn auch wenn Wieden sich hörbar der matten Phrasierung Dirk von Lowtzows annähert, könnte diese Bestandsaufnahme eines verpfuschten Daseins kaum weiter von "Eins zu eins ist jetzt vorbei" entfernt sein. Zwischen "Schafft die Leichen raus" und einem trügerischen "Wir sind in Sicherheit" liegen auf "Material" oft nur ein missmutiger Saitenhieb und eine knorrig vorwärtsschiebende Rhythmusgruppe, bis Die Arbeit aus ihrer planvollen Verzagtheit einen weiteren wie in Stein gemeißelten Song destilliert haben. Und so sind die Sachsen nicht nur "Könige im Nichts", sondern auch auf einem hervorragenden Album, das dem seelischen Nullpunkt ordentlich einheizt. Wenn das keine Leistung ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Gott Generator
- Haut, Knochen und Gesichter
- Visier
- Lonely dance
Tracklist
- Gott Generator
- Haut, Knochen und Gesichter
- Leichen
- Im Büro
- Keine Zeit für Ironie
- Visier
- Sicherheit
- Gewalt
- Könige im Nichts
- Lonely dance
Im Forum kommentieren
aprilyoung
2021-10-28 22:00:35
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Xavier
2020-05-01 20:38:13
Klingt nach Element Of Crime. Nicht schlecht.
noise
2020-05-01 20:34:40
Mal wieder Post Punk aus unserem Lande. Gefällt mir ausgesprochen gut. Ist aber auch kein Wunder, wenn man so wie ich "Die Nerven" mag. Da gibt es schon große Ähnlichkeiten.
Ich sollte mich auch mal mit der Vorgängerband "Leo Hört Rauschen" befassen.
boneless
2020-04-01 19:41:20
Zum Glück ist das, was Rainer sagt, eh nur ein Aprilscherz. Puh.
Rainer
2020-04-01 12:04:44
Bedeutungschwangerer affektierter Gesang? Check.
Find ich absolut scheiße und killt den ansonsten ganz coolen Sound.
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Referenzen
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- https://www.diearbeit.band/
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