Oberst - Paradise

Indie / Plastic Head / Soulfood
VÖ: 17.01.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Zu Befehl

Zwischen verkopftem Hardcore, dreckigem DIY-Punk und dem sich immer um sich selbst drehenden Metalcore-Kosmos gibt es oft nicht viel. Ausnahmen in der alternativen Gitarrenwelt fühlen sich dann gleich wie Schätze an, und man fragt sich, wieso es im breiten Universum der geschrienen Wörter nicht mehr Bands wie Fjørt, Lirr oder We Never Learned To Live gibt. Oder Oberst. Die Norweger haben nach einigen Singles nun endlich ihr Debütalbum "Paradise" veröffentlicht, und trotz des Ausbleibens an signifikanten neuen Impulsen ist es schon jetzt ein Lichtblick in der düsteren Blackened-Hardcore-Welt.

Ihr Kunststück dabei ist, technisch ausgefeilte Perfektion nicht auf Kosten der nötigen, organischen Rohheit zu erzwingen. Die gute Dreiviertelstunde von "Paradise" ist daher ein perfekter Hybrid aus Prog-Anleihen, großen Instrumental-Parts, eskalativer Hardcore-Kante und emotionaler Eingängigkeit. Ein Song wie "Fiends" treibt dabei in nur fünfeinhalb Minuten von einem Klangkosmos in den nächsten, nur zusammengehalten durch die klassische Bandbesetzung. Die Spielfreude und ausgefeilte Kompositionen lassen zu keiner Sekunde erahnen, dass es sich hierbei um eine Band handelt, deren Streams sich im niedrigen vierstelligen Bereich bewegen. Wenn nach mehreren Screamo-Torturen die Gitarristen Dennis Estensen und Tarjei Kristofferson ihre vertrackten, aber nie überfordernden Single-Note-Eskapaden über einen epischen Heisskalt-Halftime legen, freut man sich dann doch, wieder eine kleine Perle entdeckt zu haben.

"Vagabonds" und "In the embers" legen gleich zu Anfang mit schweren Post-Hardcore-Kopfnickern los, und die sympathische Indie-Produktion tut ihr Übriges, um sie für eben diese Eingängigkeit zu lieben. Sänger Kristofferson spuckt dabei Gift und Galle und schneidet mit seinen technisch wunderbar unperfekten Screams direkt ins Mark. Die dunkle Härte des Klangbilds von "Paradise" vermählt sich im weiteren Verlauf der Songs perfekt mit melancholischer Strahlkraft und übermenschlichen Melodien, für die sonst nur die altbekannten Szene-Größen das Fingerspitzengefühl beweisen.

Mit derart wenigen Mitteln und überdurchschnittlicher Songlänge eine derartige Kurzweiligkeit zu erreichen, bedarf nicht nur musikalischer Qualität. Die quälenden Dissonanzen, positiv-aufbegehrenden Ausbrüche und unzähligen Prog-Breaks auf "Dreambeast" beweisen natürlich abermals, dass es Oberst nicht daran fehlt. Vielmehr besitzen sie aber auch die Weitsicht, trotz unzweifelhaftem Können an ihren Instrumenten die Komplexität immer in den Dienst des Songs und Hörgenusses zu stellen.

(Julius Krämer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Vagabonds
  • Fiends
  • Dreambeast
  • Snakes

Tracklist

  1. Vagabonds
  2. A stranger place pt. II
  3. Fiends
  4. In the embers
  5. Dreambeast
  6. Snakes
  7. Goddess
  8. Parting
  9. No home
  10. Pillar
Gesamtspielzeit: 46:13 min

Im Forum kommentieren

kiste

2020-02-11 13:09:28

Ich habe die Platte jetzt 2mal angehört. Die Lieder haben ihre guten Momente. Auf die Gesamtdistanz klingt aber bisher alles irgendwie zu gleichförmig.
In Sachen Abwechslungsreichtum lobe ich mir immer noch „Scream Through the Walls“ von As Cities Burn.
Ich werde noch einige Durchläufe starten, mal sehen wie sich die Platte entwickelt.

tjsifi

2020-02-11 10:57:42

1x durchgehört. Finde die Platte leider nur mittelmässig und verstehe die hohe Bewertung nicht wirklich. Relativ belanglos, Sound mässig hat man das gefühlt schon 100000x gehört.

Armin

2020-02-10 20:51:19- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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