La Roux - Supervision

Believe / Soulfood
VÖ: 07.02.2020
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

In for the chill

"Willst Du was gelten, mach Dich selten", so heißt es im Volksmund. Elly Jackson hat das auf jeden Fall beherzigt: "Supervision" ist erst das dritte La-Roux-Album in elf Jahren. Zu Zeiten des selbstbetitlten Debüts war das Projekt noch ein Duo mit ihrem Songwriting-Partner Ben Langmaid und die Musik zackiger, messerscharfer Elektropop. Beim noch besseren Nachfolger "Trouble in paradise" in 2014 hatte Langmaid zwar noch seine Finger bei der Hälfte der Songs im Spiel, zum Veröffentlichungsdatum bestand La Roux jedoch nur noch aus Jackson allein. Die tropisch-luftigen Achtziger-Reminiszenzen von großartigen Stücken wie "Uptight downtown" und "Let me down gently" bilden auch die Grundlage für die acht Songs auf "Supervision" – und doch hat sich im Koordinatensystem etwas gewaltig verschoben. Das Zwingende ist verschwunden, Jackson fühlt sich als "International woman of leisure" und so klingt es auch. "Friede, Freude, Eierkuchen in paradise" wäre ein passender Titel gewesen.

Im besten Fall ergibt das entspannte Cabrio-Sonnenuntergangs-Beschallung wie in der ersten Albumhälfte. "21st century" macht klar, dass die Cheesyness noch mal zugenommen hat, geht aber auch dank des netten Refrains immerhin in Ordnung. "The song is in my head / It's unintentional" – wer's glaubt. Mit der funkigen Gitarre von "Do you feel" wird es noch ein Stück besser, die energische Strophe trägt den Song weit raus. Das absolute Highlight von "Supervision" ist jedoch "Automatic driver", welches am meisten diesen Sog entwickelt, welchen die Songs auf "Trouble in paradise" bereits besaßen. "I wanted to manage information / Find the automatic driver", klagt Jackson, während sich um sie herum das Instrumental verdichtet und mit toller Harmonie auf einen Fixpunkt zusteuert. Einfach herrlich. Das Blöde an der Sache: Damit ist das Album quasi durch.

Höchstens das besagte "International woman of leisure" reißt mit seiner okayen Hook und den schönen Synth-Spielereien noch etwas raus. Die zweite Hälfte der Platte ist jedoch ein erschreckender Ausbund an Belanglosigkeit. Die Songs dauern mindestens fünf Minuten und fühlen sich doppelt so lange an. "Everything I live for" und "Otherside" sind kaum voneinander zu unterscheiden in ihrem karibisch anmutenden Gedudel, auch weil weit und breit kein eingängiger Chorus und keine interessante Soundidee zu sehen sind. Der eigentlich recht ordentliche Eindruck der ersten vier Songs rückt mit zunehmender Spielzeit in weite Ferne, wenn "He rides" die einfallsloseste Gesangslinie auf "Supervision" abspult und vor lauter Unverbindlichkeit und Sanftheit komplett baden geht. "Gefällig" ist das Netteste, was man dazu sagen kann. In for the chill.

Die zweite Vorabsingle "Gullible fool" war deshalb leider ein berechtigter Warnschuss und hier beendet sie nicht nur die ganze Chose, sondern wird zu allem Übel noch auf über sieben Minuten gestreckt. Nachdem man sich bereits durch einen Sumpf der Langeweile gekämpft hat, ist dies das traurige Gipfelkreuz auf dem Berg der Enttäuschung. Vielleicht fehlt Jackson ihr alter Kumpan Langmaid tatsächlich als Sparringspartner, es könnte zumindest ein Grund sein, warum die Songs größtenteils so erschreckend einfallslos daherkommen. "Trouble in paradise" war nach einer ähnlich langen Wartezeit ein Triumph – kein kommerzieller zwar, aber ein künstlerischer. "Supervision" wirkt hingegen nicht, als wäre es über fünf Jahre gereift, sondern als sei es aus alten Songresten zusammengestückelt und hastig auf den Markt geworfen worden. Wie damals das "Tonight" zu einem "Let's dance". Bisher stand La Roux für Klasse statt Masse. "Supervision" ist von beidem weit entfernt.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Do you feel
  • Automatic driver

Tracklist

  1. 21st century
  2. Do you feel
  3. Automatic driver
  4. International woman of leisure
  5. Everything I live for
  6. Otherside
  7. He rides
  8. Gullible fool
Gesamtspielzeit: 41:51 min

Im Forum kommentieren

squand3r

2020-02-09 16:20:41

Haha 1:0 für dich!! Ich hatte den Titel eindeutig anders im Ohr :))
That being said werd ich mir wohl wieder die alten Sachen beim Autofahren reinziehen müssen!

MopedTobias (Marvin)

2020-02-09 15:45:28

Vielleicht hast du es auch nicht aufmerksam genug gehört, wenn du "LET me down gently" schon falsch schreibst :>

Nein Spaß, aber finde den Zweitling immer noch deutlich nachhaltiger. Das Debüt kann ich mir nicht mehr anhören.

squand3r

2020-02-09 15:30:55

also mich unterhält der erste Song ‚21st Century‘ dermaßen gut, dass ich den Rest des Albums garnicht hören muss :D Und Hand aufs Herz: ausser ‚Lay Me Down Gently‘ ist mir beim zweiten Album auch nicht wirklich viel im Gedächtnis geblieben. Der Erstling hingegen ist eine Hitmaschine durch und durch.

Hallohallo

2020-02-08 17:31:42

Bin gespannt.

Edrol

2020-02-08 15:40:33

Boah, schwierig. Beim ersten Versuch habe ich irgendwann in der zweiten Albumhälfte entnervt aufgegeben, weil die Songs so lasch und gleichförmig daherkamen. Beim zweiten Versuch habe ich dann hab ich nur einzelne Songs angespielt und war immer noch nicht begeistert. Vorhin hat sich dann die eine oder andere Melodie doch im Ohr verhakt, aber noch immer habe ich nichts gefunden, was nicht auf dem letzten Album ähnlich, aber deutlich stärker und kraftvoller stattgefunden hat. Insgesamt fehlt es "Supervision" viel zu sehr an Raffinesse, als dass ich mir noch erhebliche Grower-Effekte erhoffen würde. Das positivste, was ich über das Album momentan sagen kann, dass es eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlt und es sich als Hintergrundbeschallung ganz gut eignet.

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