...And You Will Know Us By The Trail Of Dead - X: The godless void and other stories
InsideOut / SonyVÖ: 17.01.2020
Mosaik der Vergangenheit
Unter der Direktion von Conrad Keely und seinen Illustrationen leben ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead mittlerweile in einer eigenen Sphäre. Welche voller Geheimnisse, Codes und Querverweise steckt. "X: The godless void and other stories" ist nicht nur ein standesgemäß hochtrabender Titel zur zehnten Platte, auch der Sound dahinter kommt zum Jubiläum angemessen pompös daher. Extra wurden Album und die zugehörige Tour zugunsten einer Neuausrichtung verschoben, die sich mehr am spektakulären "Worlds apart" orientieren sollte – das in den USA bekannterweise sensationell verrissen wurde, in Deutschland aber sogar "Source tags & codes" als beliebtestes Album abgelöst haben dürfte. Das Liebäugeln mit der hiesigen Hemisphäre endet dort noch lange nicht. Nachdem anders als bei "Lost songs" und "IX" mit "The opening crescendo" endlich wieder ein Intro den Vorhang aufzieht, wird im Mittelteil von "All who wander" niemand Geringeres als Hermann Hesse zitiert. Auf Deutsch.
Der von einer weiblichen Stimme gesprochene Spoken-Word-Einschub des Gedichts "Bei Nacht" kommt unvermittelt, passt aber letztlich ins Bild. Genauso wie auf dem Albumcover gefühlt alle anderen Platten des Jahres mit abgebildet werden, ist auch auf "X: The godless void and other stories" zumindest im Detail stets das Unerwartbare zu erwarten. Im Gesamten eifert die Platte gleichwohl dem Vorgänger nach: Weniger Luftgitarrenmomente oder Wutbrocken krachen durch die Boxen, mehr Opulenz steht auf dem Plan. Im Verlauf der Tracklist legen die Stücke außerdem in ähnlicher Weise an Vertracktheit und Ausgefeiltheit zu. Was nicht heißt, dass das schlichtweg wunderschön vernuschelte "Something like this" oder "Into the godless void" mit Jason Reeces bellender Stimme nicht mitreißen würden. Irgendwie muss man in die Sache ja erst mal reinkommen.
"Don't look down" macht aber erst besonders im Albumkontext klar, wie viel mehr die Texaner noch vorhaben. Aus einem hübschen Liedchen schält sich ein unfassbar schöner Instrumentalpart hervor. "I have another set of eyes / That I use to disguise / The part of me that's died / I have another set of lies / That I use to describe / The part that's still alive", gibt Keely zu, doch tot ist hier gar nichts. Die Flüsterstimme von "Gone" erinnert an den Gesangsstil der allerersten beiden Alben, hier vermischt mit dezentem Beateinsatz, wie er auf "So divided" etwa denkbar wäre. "Children of the sky" mopst die dynamische Steigerung im Anschluss von "How to avoid huge ships". Die eigene Geschichte als Grabbeltisch – da guckt man durchaus mal ungläubig, wenn später in "Gravity" plötzlich eine Strophe des 14 Jahre alten "Eight days of hell" auftaucht. Man kann ja mal auf die Lyrics achten. Und auf die aktuelle politische Situation schauen. Und kann die Vermutung anstrengen, dass die Band in ihrem Story-Universum die Realität längst nicht vergessen hat.
Was "X: The godless void and other stories" nicht ist, ist eine radikale Neuausrichtung. Sondern vielmehr der Beweis dafür, dass ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead diese überhaupt nicht nötig haben und ihr Sound noch so viel mehr bieten kann. Ein Song wie "Blade of wind" morpht sich immer noch schwindelfrei durch Prog-Anleihen mit Vocoder-Verzerrung über seine Klimax in ein kleines Ambient-Zwischenspiel, ohne dass es forciert klingt. "Who haunts the haunter" kühlt das martialische Getrommel fast unbemerkt runter, büßt aber nie an Wucht ein. Und der Closer "Through the sunlit door" spiegelt in seiner famosen Steigerung in gewisser Weise das Intro wieder. So muss es eben sein, bei einer solch durchdachten Platte, die kopflastig, aber nie verkopft daherkommt. Geschlossener Kreis, vollendeter Zirkel, runde Sache. Einmal mehr.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Something like this
- Don't look down
- Gone
- Blade of wind
Tracklist
- The opening crescendo
- All who wander
- Something like this
- Into the godless void
- Don't look down
- Gone
- Children of the sky
- Who haunts the haunter
- Eyes of the overworld
- Gravity
- Blade of wind
- Through the sunlit door
Im Forum kommentieren
Felix H
2024-04-22 10:10:16
[Diskussion um Merch-Statement hierhin verschoben, hat mit dieser Platte ja nichts zu tun.]
didz
2024-04-09 19:06:18
bei mir auch immer noch an der 3 und bleibt da auch, hinter 'worlds apart' und 'tao 1-3'
The MACHINA of God
2024-04-09 17:44:34
Immer noch so ein gutes Album. Definitiv Top 5 der Band, an manchen Tagen sogar die 3 hinter "Worlds Apart" und "Tao of the dead" (oder manchmal gar gleich mit dieser?). Diese Melodien. Die Produktion ist jetzt nicht grandios, aber ordentlich genug, da gibt es im Oeuvre (auch im späteren) paar andere Kandidaten... 8,7/10
Huhn vom Hof
2023-07-08 18:36:06
@Leech85
"Bus Lines" finde ich genial, wäre in meiner obigen Liste fast der beste Song von "IX" geworden. Bei "The Lie..." finde ich die Gesangsmelodie im Refrain so schön.
Leech85
2023-07-08 17:50:36
@Huhn vom Hof: Interessant fast alle Songs die du nennst gehören für mich auf den Alben zu den schwächeren. Vor allem The Lie Without A Liar ist für mich einer der schwächsten TOD Songs überhaupt. Bei mir sieht das wie folgt aus bei den Songs:
- Century of Self (Bells of Creation)
- Worlds Apart (Will you smile again)
- Tao of the Dead ( Part II Strange News...)
- Source Tags ( Monsoon)
- So Divided ( Stand in Silence)
- Lost Songs (Awestruck)
- Madonna (Aged Dolls)
- IX (Bus Lines)
- The Godless Void And Other Stories ( Who haunts the hunter)
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