Georgia - Seeking thrills

Domino / GoodToGo
VÖ: 10.01.2020
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Keine Arbeit lieber tanzen

Endresultat: Club vs. Grammatik 1:0. Auch nach mühevollem Auseinanderklamüsern will der Titel von Georgias "About work the dancefloor" nämlich keinen rechten sprachlichen Sinn ergeben. Und das muss er auch gar nicht, denn wichtig sind hier andere Dinge: die muskulöse, von einer glänzenden Hook durchbrochene Basslinie, Georgia Barnes' in höchste Höhen entschwebender, glasklarer Gesang und der hypnotische Sog dieses strahlenden Brechers. Keine Spur mehr von perkussivem Ethno-Hop, Grime-Sprengsätzen und spröden Folktronica-Anklängen, mit denen die Britin ihr exquisites Debüt bestritt – stattdessen wirkte der Vorbote ihres Zweitlings wie die Chrom-Version von Grimes ohne androides Brimborium. Ein imposantes Erweckungserlebnis unter dem Stroboskop, das aus "Seeking thrills" schnell eins der meistantizipierten Alben der frisch entkorkten 2020-er Jahre machte. Feinster elektronischer Hedonismus, der aus allen Poren Party schwitzt und anschließend auf weichen Harmonien landet. Jedem sein Disco.

Bereits der Opener "Started out" funktioniert das Wohnzimmer zum Tanzschuppen um, platziert sich aber nicht im Ohrensessel, sondern zu wogendem Midtempo-Groove zwischen flauschigen Keyboards und euphorischer Hymne – und belegt einerseits, dass die Tochter der Leftfield-Hälfte Neil Barnes Teile ihrer Kindheit in einer Kiste voll Detroit- und Chicago-House-Maxis verbracht hat und zeugt andererseits von zahlreichen durchfeierten Nächten in Berlin, wohin es die Londonerin im Vorfeld von "Seeking thrills" mehrmals verschlug. Mitgebracht hat sie außerdem den infektiösen Upbeat von "Never let you go", der eine umarmende Harmonie mit ungemütlich schabender Synth-Linie unterlegt, sodass die Neonröhren ganz von selbst zum Sternenzelt werden. Schon weniger stichhaltig: "24 hours", das "About work the dancefloor" mit großzügigerer Pop-Geste und gepitchten "Party people"-Samples aufbrezelt und doch als zweiter Sieger endet. Vielleicht aber auch eine willkommene Verschnaufpause nach diesem furiosen Auftakt.

Erst allmählich besinnt sich Georgia ihrer weniger straighten Wurzeln – am überzeugendsten beim schwer atmenden Groove-Bolzen "Mellow", in dem sie sich mit Kollegin Shygirl und einer imaginierten Mädchen-Gang auf feuchtfröhliche Trap-Safari begibt, bis die Rave-Signale SOS fiepen. Auch das über eine großmäulige Sequenz polternde "Feel it" oder der aufgekratzte Singalong von "Ray guns" verwalten großzügig das Erbe von M.I.A.s "Paper planes" – bleiben gegenüber massiven Schlagwerk-Rollkommandos wie "Be ache" oder "Move systems" jedoch ein Stück zurück. Wie weite Teile der zweiten Hälfte von "Seeking thrills" hinter dem stürmischen Beginn, wenn die Dream-Pop-Flächen von "Ultimate sailor" nicht die gewünschte Tiefe erreichen und "The thrill" sich nicht zwischen zischigem Electro und rundgelutschtem R'n'B entscheiden kann. Auch so gesehen funktioniert dieses Album als Pendant einer Clubnacht: Ganz zufrieden ist man hinterher nicht, will aber trotzdem wieder hin. Denn merke: Non scholae, sed Disco vivimus.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • About work the dancefloor
  • Never let you go
  • Mellow (feat. Shygirl)

Tracklist

  1. Started out
  2. About work the dancefloor
  3. Never let you go
  4. 24 hours
  5. Mellow (feat. Shygirl)
  6. Til I own it
  7. I can't wait
  8. Feel it
  9. Ultimate sailor
  10. Ray guns
  11. The thrill (feat. Maurice)
  12. Honey dripping sky
Gesamtspielzeit: 44:52 min

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Cade Redman

2020-06-28 19:11:17

Die Singles dieses Albums sind Bombe und laufen bei mir in Heavy Rotation.

Armin

2020-01-03 21:25:52- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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