Burna Boy - African giant

Bad Habit / On A Spaceship / Atlantic / Warner
VÖ: 26.07.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Kontinentalverschiebung

Exotik ist ja auch nur eine Frage der Perspektive. Damini Ebunoluwa Ogulu, bekannt als Burna Boy, ist die Sensation der letzten Jahre: ein Nigerianer, der in der modernen Popmusik zum Weltstar geworden ist. Gut, nicht in gewaltigen Dimensionen, aber zumindest ist er kein unbeschriebenes Blatt und hat mit Jorja Smith, Jeremih oder Future ein paar angesagte Namen in der Featureliste seines vierten Albums "African giant" stehen. Welches das eigene Selbstverständnis schon im Namen trägt. Denn seine Position als Vorreiter des afrikanischen Kontinents stellt der 28-Jährige in den Vordergrund. Und doch klingt "African giant" auf Anhieb gar nicht mal so exotisch – meist orientieren sich die Songs am Dancehall-Rhythmus, immer entspannter klingend als es die politischen Themen eigentlich zulassen. Die Lyrics sind ohnehin nur mit Mühe verständlich, da sie meist im Pidgin-Englisch gehalten sind, also einer Vereinfachung und Verkürzung der originalen Sprache. Sowas heißt dann eben "Wetin man go do" anstatt "What will a man do".

Eben jener Song ist gleich einer der am klarsten herausstechenden Hits, mit seinem entspannten Swing und eingängigen Refrain. Auch "Anybody" direkt davor erfreut sich an einem gekonnt platzierten Trompeten-Einsatz, der sich im Ohr festsetzt. "Anybody, wey no want to soji / Anybody, wey no dey carry body" ist wohl generell eine der ungewöhnlicheren Hooks, die sich so im Hirn einnisten. Das klingt sonnig und hitzig, auch gerade weil die Afrobeat-Einflüsse, die Burna Boy mit sich trägt, besonders gut zur Geltung kommen. Was man "African giant" insgesamt durchaus zur Last legen könnte, ist, dass es wenig Abwechslung zwischen den Tracks bietet und dass ganze 19 Stücke innerhalb der Stunde ziemlich großzügig bemessen sind. Sicher nicht falsch – allerdings entwickelt die Platte gerade durch dieses einheitliche Klangbild einen Vibe, der bei Laune hält und unauffällige Stücke zwischendrin durchaus mal mitzieht. Und in Momenten wie dem Refrain von "Destiny" gibt es immer wieder Blicke aufs moderne Popgeschehen, die sich wunderbar mit den Eigenheiten von Burna Boys Sound mischen.

An zwei Stellen des Albums wird die Mission auch für jene deutlich, die den Texten nicht vollständig folgen können. Zu Beginn von "Another story" wird ein kurzer Abriss der jüngeren Geschichte Nigerias Anfang des 20. Jahrhunderts gegeben. Darin spielen Großbritannien, ein Deal über 865.000 Pfund und ein auch heute noch bekannter, darin verwickelter Großkonzern eine Rolle. Die Folgen dieses Geschäfts, das quasi die Grundlage des heutigen Nigerias ist, sind noch jetzt spürbar. Die letzten Worte auf "African giant" stammen derweil von Burna Boys Mutter, welche den Preis für den besten internationalen Künstler bei den BET Awards 2019 für ihren Sohn entgegennahm. "The message from Burna, I believe, would be that every black person should please remember you were Africans before you became anything else", gibt sie den Anwesenden mit auf den Weg. Womöglich trägt "African giant" einen guten Teil dazu bei, dass die Rolle Afrikas im Musikbusiness der kommenden Jahre eine größere wird als bisher.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Anybody
  • Wetin man go do
  • Omo
  • On the low

Tracklist

  1. African giant
  2. Anybody
  3. Wetin man go do
  4. Dangote
  5. Gum body (feat. Jorja Smith)
  6. Killin dem (feat. Zlatan)
  7. Omo
  8. Secret (feat. Jeremih & Serani)
  9. Collateral damage
  10. Another story (feat. M.anifest)
  11. Pull up
  12. Blak ryno (Skit)
  13. Destiny
  14. Different (feat. Damian Marley & Angélique Kidjo)
  15. Gbona
  16. On the low
  17. Show & tell (feat. Future)
  18. This side (feat. YG)
  19. Spiritual
Gesamtspielzeit: 60:17 min

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Armin

2020-01-03 21:21:39- Newsbeitrag

Frisch rezensiert. Als "Vergessene Perle 2019".

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