Sunn O))) - Pyroclasts

Southern Lord / Soulfood
VÖ: 25.10.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

The art of noise

"Das ist doch alles nur Krach!" Zumindest Metal-Fans älteren Baujahrs kennen möglicherweise diesen verzweifelten Ausruf genervter Eltern, wenn die Heranwachsenden ihr frisch erworbenes Vinyl (gerne auch frisch getauschte Tapes, ist am Ende aber auch egal) durch die überforderte Stereoanlage im Jugendzimmer jagten. Klar, selbst für die Generation, die noch ihrerseits die Hendrix'schen Feedback-Orgien als den heißesten Scheiß kennengelernt hatte, war Thrash oder auch Death Metal meist des Guten zu viel. Nur was wäre gewesen, wenn Stephen O'Malley und Greg Anderson schon damals so musiziert hätten? Den Krach, die infernalischen Geräuschteppiche ihrer Band Sunn O))) so zur Perfektion getrieben hätten? Der Wahnsinn wäre vorprogrammiert gewesen. Eines allerdings haben Sunn O))) und die rüpeligen Helden von damals tatsächlich gemeinsam, auch wenn es vordergründig nicht den Anschein haben mag – nämlich die Jam-Sessions, das gemeinsame Improvisieren.

Nun verstehen Sunn O))) unter Jammen logischerweise etwas völlig anderes als sonstige Bands. Doch im Kern, und damit kommen wir direkt zur Entstehungsgeschichte von "Pyroclasts", benötigen auch Drone-Instrumentalisten eine gemeinsame musikalische Basis. Und so führten O'Malley und Anderson für die Aufnahmen zur letzten Studioplatte "Life metal" ein kleines Ritual ein. Nämlich zeitlich exakt bemessene Meditationsphasen vor und nach den Sessions, quasi um sich aufeinander einzuschwingen. Dass die vier Soundstudien von "Pyroclasts" dabei weit mehr sind als pure Krachübungen, ist das eigentlich Faszinierende an dieser Platte.

Allein: Wer versucht, sich diesem Album über Strukturen zu nähern, die an so etwas ähnliches wie Songs erinnern, wird jämmerlich scheitern. Doch wenn man versucht, sich in diese Texturen hineinzuhören, erlebt man Erstaunliches. Wie das akustische Pendant zu einer Lavalampe wabern plötzlich Formen durch das Dickicht, formen ein Bild. Welches umgehend wieder seziert und unter einer Schicht von Gitarren begraben wird. Und auf einmal bricht das Cello von Hildur Guðnadóttir, die auf "Life metal" so magische Akzente mit ihrem Gesang setzen konnte, aus dem Moloch aus, suggeriert einen kurzen Moment von Fragilität. In diesen Minuten, beispielsweise bei "Kingdoms (G)" wächst die Band zu einem großen Ganzen zusammen, wird zu einem eigenen Organismus.

Exakt dies sind die Momente, in denen "Pyroclasts" seine Magie entfaltet. Natürlich kann man die Platte für sich betrachten, als eigenständiges Dokument ausufernder Studio-Sessions. Doch viel mehr Sinn ergibt es, in diesem Kontext, in diesem Stimmungsbild noch einmal "Life metal" auf sich wirken zu lassen. Denn dieses Album wird plötzlich verständlicher, sozusagen die logische Folge der vier Collagen von "Pyroclasts". Die wiederum viel mehr sind als nur Fingerübungen. Sondern eine hypnotische, faszinierende Illustration davon, wie trotz Home Recording und anderer vermeintlicher Alternativen eine Ansammlung von Musikern die Zeit im Studio nutzt, um Atmosphäre zu erzeugen. Musik nicht nur zu produzieren, sondern auch zu spüren. Und das alles höllisch laut. Für manche eben zu laut.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Kingdoms (G)

Tracklist

  1. Frost (C)
  2. Kingdoms (G)
  3. Ampliphædies (E)
  4. Ascension (A)
Gesamtspielzeit: 43:57 min

Im Forum kommentieren

wilson

2019-10-31 15:56:31

eben reingehört...kann ich nix mit anfangen.

Armin

2019-10-30 20:27:25- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Klaus

2019-10-26 01:11:40

Ne, ich mag Drone auch nicht besonders. SunnO))) sind da die Ausnahme.

Given To The Rising

2019-10-25 23:50:46

Bist du maynardsmind aka SiF im Toolforum gewesen? Der war der einzige Drone-Fan (außer mir), den ich in Erinnerung habe.

Klaus

2019-10-25 21:51:20

Gefällt mir deutlich besser als Life Metal. Hier passiert wenigstens mal etwas. Bin gerade mal kurz vor dem Ende von Kingdoms, aber bis dato überzeugt es schon.

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