Boy & Bear - Suck on light

Nettwerk / Warner
VÖ: 27.09.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Vom Kranksein und Dankbarsein

Dass zwischen der letzten Platte von Boy & Bear und dieser neuen eine recht dramatische Krankheitsgeschichte liegt, lässt sich "Suck on light" nur in den wenigstens Parts anmerken. Stattdessen frönen die Australier weiterhin vor allem ihrem sonnendurchfluteten Gute-Laune-Folk-Pop mit Americana-Einschlag, zelebrieren die Natur und das Leben insgesamt – und letztlich ergibt das auch ziemlich viel Sinn. Denn nachdem Sänger Dave Hosking nach den intensiven Touren im Rahmen der bisherigen drei Veröffentlichungen immer erschöpfter heimkehrte und bei ihm schließlich Depressionen und eine Angststörung diagnostiziert wurden, nahm sich die Band 2017 erst mal eine Auszeit. Zwar trafen sich die restlichen vier Musiker gelegentlich, um erste Songskizzen auszutauschen, aber ohne ihren Sänger und Texter war die Truppe schlicht unvollständig. Die Rettung Hoskings bestand schließlich in einer recht neuen Behandlungsmethode, der sogenannten Fecal microbiotica transplant (FMT), bei der dem Behandelten fremder Stuhl transplantiert wird, um so die Darmflora zu erneuern. Einer von Hoskings Ärzten hatte seinen Zustand in Verbindung mit einer Darmerkrankung gebracht.

Zwar scheint die Behandlung anzuschlagen, kräftezehrend ist sie allerdings auch und vollständig genesen ist der Sänger noch nicht – trotzdem ist Hoskings nach Eigenaussage unheimlich dankbar, dass er ab Mitte 2018 wieder mit seinen Bandkollegen im Proberaum stehen konnte, um an den Songs für ihr viertes Album zu arbeiten und eben diese Dankbarkeit spiegelt sich im Großteil der Lyrics wieder. In "Rocking horse" sieht der Mann gar alles als vom Schicksal genau so gewünscht: "Everything is as it's supposed to be / It'll be alright / If you learn to be." Was aus dem Kontext gerissen einigermaßen kitschig klingt, entwickelt in dem Song eine wunderbare emotionale Wucht. Schon der lässig-soulige Opener "Work of art", der sich sogar ein kurzes Gitarren-Solo genehmigt, handelt von Hoskings neugewonnener Wertschätzung für das Leben und seine Mitmenschen: "I see that I'm just glad I'm onto you / 'Cause nothing I do would matter without you."

In einigen Stücken wird die Krankheitsgeschichte dann doch erwähnt, etwa in "Hold your nerve", das trotz seiner melancholischen Grundstimmung einen treibenden Rhythmus findet und sich in einen eindringlichen Refrain steigert, der gleichermaßen an Noah And The Whale und The War On Drugs erinnert. Das noch deutlich düsterere "BCS" klingt dann in seiner zweiten Hälfte sogar nach den jüngeren Platten der Black Keys, speziell die Gitarrensounds erinnern an "Turn blue". Verwunderlich ist das nicht, denn produziert wurde "Suck on light" von Collin Dupuis, der bereits mit dem Rock-Duo zusammengearbeitet hat. Immer wieder blitzen in den Stücken Synthies und launige Piano-Melodien auf, während eine Western-Gitarre nebenher schrammelt und das Schlagzeug die nötige Zugkraft verleiht, um gleichzeitig von schweren Zeiten zu erzählen und erbaulich zu wirken. Der Titeltrack ist dafür das beste Beispiel, denn seine unschuldige Alles-wird-gut-Mentalität weiß er bestens auf den Hörer zu übertragen. In ihren schönsten Momenten klingen Boy & Bear hier wie die Band, die Mumford & Sons nach "Babel" hätten werden sollen.

(Simon Conrads)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Suck on light
  • Bird of paradise
  • Hold your nerve

Tracklist

  1. Work of art
  2. Suck on light
  3. Bird of paradise
  4. Telescope
  5. Dry eyes
  6. Long long way
  7. Off my head
  8. Bad people
  9. Hold your nerve
  10. Rocking horse
  11. BCS
  12. Vesuvius
Gesamtspielzeit: 47:01 min

Im Forum kommentieren

kiste

2019-10-19 10:43:19

Angenehm entspanntes Album. Die Rezession brachte mich dazu, da mal reinzuhören. Werde es sicherlich noch häufiger in meiner Rotation haben.

Armin

2019-10-09 21:02:58- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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