Joyero - Release the dogs

Merge / Cargo
VÖ: 23.08.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Gib dem Ding einen Namen

Andy Stack ist nicht nur Drummer und in erster Linie Production-Wizard bei Wye Oak, er hat auch ein Händchen für zündende Namen. Stellt Euch mal Folgendes vor: "Hey Darling, ich hol Dich später mit meinem neuen Joyero ab." Oder das: "Ann-Marie, wenn Du jetzt nicht brav bist, gibt’s nach dem Einkauf kein Joyero." Dabei wollte der Musiker aus Baltimore gar nicht sämtliche Experten von Werbeagenturen neidisch machen, er brauchte nur einen Namen für sein Solo-Projekt. Und dessen Musik bereitet zwar jede Menge Freude ob seiner Qualität, ausgelassen sind die neun Songs von "Release the dogs" aber eher nicht. Vielmehr handelt es sich um in Schräglage melancholisierenden Dream-Pop mit manch elektronischer Feinarbeit und einem spannenden Verständnis von Rhythmik in einem Pop-Song.

Bei den beiden ersten Stücken "Alight" und "Dogs" wird der Hörer erstmal von den markanten Percussion in Anspruch genommen. Ersterer Song trippelt und schwingt mit griffiger Bass-Unterlage durch die nebelige Waschküche, wobei die Drums mehrmals auf Anschlag gepusht werden und so für einige kleine Zusammenbrüche im Song sorgen. Eine wehmütig vor sich hin trötende Orgel und vor allem der verwaschene Gesang Stacks geben diesem Stück jedoch Halt, wobei vor allem die Melodik einen anschmiegsamen Schmelz besitzt. "Dogs" hingegen ist erdiger, was das Drumming betrifft, dieses urige Klöppeln besitzt Volumen und Kraft, wobei Stack mit schüchterner Stimme einen Wunsch äußert, der stellvertretend für das ganze Album steht: "You can make me ghost again." Das Auflösen, die Abkehr von körperlichen Konturen hin zu sphärischen Traumzuständen ist eine willkommene Strategie auf "Release the dogs": Wo eben noch ein Beat oder eine Melodie verlässlich erklangen, zerfasert und zerfließt das Stück im nächsten Moment.

Die weiche Akustikgitarre von "Starts" wird von einem zärtelnden Falsett gestreichelt, während im Songverlauf ein paar massive, synthetische Tastenanschläge für morbides Flair sorgen. Stimmungen sind nicht so leicht fest zu machen auf diesem Album, mal wiegen Synthies schwer, mal entweicht der Gesang in den Äther, doch es passt alles trefflich zusammen. Da flittert in "Steepest stairs" ein elektrisches Cembalo zu gravitätischen Drum-Beats durch den Raum, und "Salt mine" brodelt im Angesicht eines apokalyptischen Verfalls dahin. Doch auch hier: Andy Stack kommt mit seinem zarten Gesang, um in all der Düsternis für Linderung zu sorgen. Der mit Americana-Gitarren verzierte Groove von "Man" zielt dagegen in die Magengrube, und man merkt mal wieder, dass trotz diverser Schwebezustände eine lakonische Schwere in diesen Stücken steckt. Andernorts wird dann aber wieder, in "Small town death", an allzu strenger Aufmerksamkeit vorbei gejanglet. Man packt diese Platte halt nie ganz, was aber bei immer neuen Hördurchgängen dazu führt, dass andere Nuancen hervortreten und Wichtigkeit erlangen. Und so ist dieser elektronisch aufbereitete Pop für sich gesehen keine Sensation, wenn jedoch Stack über weite Strecken ein synthetisches Collagenspiel mit Synthies und Drum-Computer aufführt, "Release the dogs" aber mit ermattetem Folk enden lässt, merkt man, dass dieses trendige neue Produkt für Vielseitigkeit und angemessene Kompositionsentscheidungen steht. Darauf erst mal ein Joyero!

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alight
  • Starts
  • After you

Tracklist

  1. Alight
  2. Dogs
  3. Starts
  4. Steepest stairs
  5. Salt mine
  6. Man
  7. Small town death
  8. After you
  9. Time
Gesamtspielzeit: 37:56 min

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Armin

2019-10-02 23:20:14- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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