Ocean Colour Scene - North Atlantic drift

Sanctuary / Zomba
VÖ: 07.07.2003
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sturm im Wasserglas

Wenn man sich doch nur auf alles im Leben so verlassen könnte wie auf Ocean Colour Scene: So präzise wie ein Schweizer Uhrwerk veröffentlichen die Briten alle zwei Jahre ein neues Album, und in schöner Regelmäßigkeit liefern sie dabei seit geraumer Zeit nur mehr Mittelmaß ab. In ihrer Heimat sorgt das zwar immer noch für Top-10-Plazierungen und volle Konzerthallen, aber der Rest der Welt schüttelt irritiert den Kopf und zuckt die Schultern. Es scheint, als wäre von früheren Glanztaten wie \"Moseley shoals\" oder \"Marchin\' already\" nur noch ein matter Schimmer übrig, und gäbe es einen Preis für die Kultivierung gepflegter Langeweile - Ocean Colour Scene hätten ihn längst gewonnen.

Auch mit ihrem neuen Album bleiben sich die Britpop-Oldies treu: \"North Atlantic drift\" heißt das mittlerweile sechste Werk der Herren um Mastermind Simon Fowler. Der Titel und der verhältnismäßige rotzige Opener \"I just need myself\" mögen zwar suggerieren, daß bei dem Quartett anno 2003 ein rauherer Wind weht, aber das Album entpuppt sich doch nur als Sturm im Wasserglas. Irgendwo zwischen schöngeistigem Folk-Rock und beatleskem Britpop zelebrieren Ocean Colour Scene ein opulentes Gefühlskino, dem nicht nur ein gutes Drehbuch fehlt, sondern vor allem ein spannender Soundtrack. Zwar wissen Fowler & Co. sehr wohl, wie man ordentliche Songs schreibt und eine Ballade wie \"She\'s been writing\" zu einer 1A-Schnulze aufplustert, aber leider zündet das Ganze nur selten.

Schöne Melodien, eingängige Refrains und rührende Melancholie findet man im gewohnten Übermaß, aber die Band scheint viel zu sehr im eigenen Fahrwasser festzustecken. Selbstkopie statt Neukreation - zwischen Liebe und Langeweile paßt eben immer noch ein Ocean Colour Scene-Song. Nicht mal die hübsche Tabla-Untermalung im orientalisch angehauchten \"When evil comes\" kann da den Gähn-Faktor langfristig reduzieren. Stattdessen gilt Konvention statt Innovation. Eine verhängnisvolle Formel, zumal Fowler & Co. auch sonst nichts auf ihr Motto \"Retro pur\" kommen lassen. Back to the future? Hier nicht.

Zum Glück hat die Beständigkeit, die Ocean Colour Scene an den Tag legen, auch ihre positiven Seiten. Denn wie immer liefern die Herren auch dieses Mal einige Songs ab, in denen sie alte Tugenden aufblitzen lassen. Nummern wie der sehnsüchtige Titeltrack oder das herzerweichende \"The song goes on\" können einen ganzen Tag retten. Und dann erninnert man sich an einen Spruch wie \"Alte Liebe rostet nicht\", der hier plötzlich wieder Sinn macht. Das rettet \"North Atlantic drift\" zwar nicht vor dem Mittelmaß, aber man bedenke: \"The song goes on\" - bei Ocean Colour Scene auf jeden Fall. Ist das gut zu wissen? Definitely maybe.

(Christof Nikolai)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I just need myself
  • North Atlantic drift
  • The song goes on

Tracklist

  1. I just need myself
  2. Oh collector
  3. North Atlantic drift
  4. Golden Gate Bridge
  5. Make the deal
  6. For every corner
  7. On my way
  8. Second hand car
  9. She's been writing
  10. The song goes on
  11. When evil comes
Gesamtspielzeit: 44:46 min

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