The Rembrandts - Via satellite
Blue Elan / Rough TradeVÖ: 23.08.2019
Still there for you
22. September, 1994: Sechs leicht verkrampft aussehende Mittzwanziger tanzen zum ersten Mal um den berühmtesten Brunnen der Seriengeschichte und wissen noch nicht, dass sie sich in jene gerade einschreiben. "Friends" entwickelte sich nicht nur zu einer der erfolgreichsten US-Sitcoms, sondern auch zum weiterhin relevanten Millennial-Kulturgut, das auch 15 Jahre nach Ausstrahlung der letzten Folge Fans wie Streaming-Anbietern ein heiteres Gefühl beschert. The Rembrandts war ein ähnliches Schicksal nicht vergönnt – ihr "I'll be there for you" begleitete das Intro der Sitcom, schrieb sich damit aber höchstens in die Wörterbuch-Definition von "One-Hit-Wonder". Nach einem temporären Split brachten Danny Wilde und Phil Solem noch ein gemeinsames Post-"Friends"-Album zustande, doch dann schien der Sack zu. Dass sie nun, geschlagene 18 Jahre nach "Lost together", wieder auf der Matte stehen, erstaunt die Musikwelt deutlich mehr als die Kalifornier selbst – die waren laut eigener Aussage nämlich nie wirklich getrennt, sondern haben nur sehr, wirklich sehr lange an "Via satellite" gearbeitet.
Die Entstehungszeit hört man der Platte nicht an, was absolut positiv zu verstehen ist. Diese wie aus dem Ärmel geschüttelt klingende Sammlung schön schlichter, schlicht schöner Power-Pop-Perlen hätte unter höheren Ambitionen nur gelitten. "How far would you go?", fragt der Opener und beantwortet sich das selbst mit "nicht sehr weit", wenn es um die Distanz des Duos zu seiner Hochphase in den Neunzigern geht. Klimpernde Gitarren leiten in melancholische Strophen, der harmonisch-hymnenhafte Refrain zieht die kalifornische Sonne hoch, und über Herzschmerz lässt sich mit 63 immer noch so leidenschaftlich singen wie 25 Jahre zuvor. "Broken toy" stellt inklusive Konserven-Streichern die Cheesiness-Regler auf Elf, macht aber gerade deshalb unheimlich viel Spaß. Nur die schlimmsten Zyniker würden hier sagen, dass dieses musikalische und textliche Phrasen-Gedresche wie Bon Jovi klingt, aber das würde auch die Frage aufwerfen, warum sich diese Leute überhaupt ein The-Rembrandts-Album anhören. Spätestens im kantigen "Come to Californ-i-yay" nehmen sich Wilde und Solem selbst nicht ganz ernst, bearbeiten ein Honky-Tonk-Piano, schaufeln Fuzz auf ihre Gitarren und erinnern in der leicht rotzigen Hook sogar ein bisschen an Weezer.
Ästhetisch vermengen The Rembrandts College-Rock, leicht psychedelischen Gitarren-Pop und ein paar Country-Anleihen zu ihrer eigenen charmanten Definition von Indie-AOR. Meistens steuern sie dabei auf die große Geste zu, überzeugen aber auch mit subtileren Ansätzen. "Me and fate" schunkelt sich mit "Shalala"s und Mundharmonika aus der Komfortzone raus und eröffnet das wundervoll perlende "Count on you", das auch einem Michael Stipe gut zwischen die Stimmbänder gepasst hätte. Das Bläser-unterstützte "Traveling from home" zündet indes eine solche Euphorie-Bombe, dass nicht mal sein stereotyper "Rentner schimpft auf Digitalisierung"-Text negativ auffällt. Ebenso wenig stört ein kleiner Dynamik-Einbruch in der zweiten Hälfte, wenn mit "Now", "Off of the edge" und dem leicht beatlesken "You'd think I know" gleich drei Halbballaden hintereinander folgen. Sie alle gelingen, vor allem das kristallklar produzierte "Now" mit seiner sehnsuchtsvollen Slide-Gitarre. Die volle Bandbreite ihrer musikalischen Klasse zeigen Wilde und Solem aber erst ganz zum Schluss: "On my own" ist eine sechsminütige Elegie, die mit beeindruckender Intensität intime um ausschweifende Passagen schichtet und Tom Petty diese Nacht besonders gut im Legendenhimmel schlafen lässt. Rachel, Ross und Co. tanzen schon lange nicht mehr um den Brunnen, aber The Rembrandts sind – wer hätte das gedacht – immer noch da.
Highlights & Tracklist
Highlights
- How far would you go
- Count on you
- On my own
Tracklist
- How far would you go
- Broken toy
- Me and fate
- Count on you
- Traveling from home
- Come to Californ-i-yay
- Now
- Off of the edge
- You'd think I know
- On my own
Im Forum kommentieren
Pierre Baguette
2019-09-27 23:27:59
Two Hits wonder trifft es eher: "just the way it is" war damals ein richtiger Hit. Na gut, zumindest in Frankreich
Armin
2019-09-25 20:44:59- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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