Liam Gallagher - Why me? Why not.

Warner
VÖ: 20.09.2019
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Den Löffel annehmen

"Liam ist der wütendste Mann, den man je treffen wird. Er ist ein Mann mit einer Gabel in einer Welt voller Suppe." So ätzte Noel Gallagher 2009 per Interview einmal mehr gegen seinen jüngeren Bruder. Quasi zum 10-jährigen Jubiläum twitterte dieser nun seine Retourkutsche – mit Gabel, Brühe und dem Hashtag #happymanwithaforkinaworldfullofsoup. So langsam auf die 50 zugehend, darf sich ein ehemals so gefeiter Rockstar eben beruhigen und auf kleine, schlagfertige Seitenhiebe beschränken. Zumal Liam Gallagher sich wenig vorzuwerfen hat: Sein Solodebüt "As you were" ging vor knapp zwei Jahren im UK auf Platz eins und wurde auch von Kritikern für solides Songwriting gelobt. An diesem waren die im Pop-Business umtriebigen Greg Kurstin und Andrew Wyatt beteiligt und sie haben auch beim Nachfolger "Why me? Why not." gleichermaßen bei den meisten Songs ihre Finger im Spiel. Wozu auch ein erfolgreiches Konzept auf den Kopf stellen?

"Warum ich? Warum nicht" – das hätte Gallagher einem früher womöglich einfach vor die Füße gerotzt. 2019 gestaltet jedoch die Betonung anders, entspannt und gleichzeitig selbstbewusst wie seine jüngsten Tweets. Der Zweitling unter eigenem Namen gibt sich deshalb auch musikalisch gediegener, bleibt aber gleichwohl bei den Leisten. "Why me? Why not." dürfte eines der überraschungsärmsten Alben des Jahres sein, aber das ist vollkommen okay. Denn im Umfeld zwischen twangenden E-Gitarren, sturem Schlagzeug und den häufig hinzugemischten Streicherschwaden ist Gallagher eben in seinem Element. Und dass mit "One of us" und "Once" gleich zwei wunderhübsche, melancholisch eingefärbte Halbballaden hintereinanderfolgen, ist so gewollt. "I remember how you used to shine, my friend / You went down so easy like a glass of wine, my friend", heißt es in letztgenanntem Song. An die alten Zeiten mit dem Herrn Bruder gerichtet, mit der Warnung: "You only get do it once." Und wer glaubt, dass die Zeile "You said we'd live forever" aus "One of us" zufällig da steht, kauft auch Volleyballschläger bei Ebay.

Dumm nur, dass "Shockwave" als Opener und Vorabsingle die schlechteste Wahl war. Den Stampfbeat von "Lyla" ausgegraben, ein paar uninspirierte Zeilen drübergenuschelt und einen unsäglichen "Hey!"-Chor zu allem Überfluss eingebaut – so müssen sich Oasis-Alben wohl für Pitchfork-Schreiber anhören. Die krachige Schiene fährt das in Highspeed träumende "Halo" deutlich besser, dennoch glänzt "Why me? Why not." eher in den ruhigeren, besonneneren Momenten, von denen es glücklicherweise noch einige mehr gibt. Nostalgie ist eben doch noch Trumpf. Der Titeltrack stellt wider Erwarten eine Liebesbekundung dar und schafft galant den Switch von trottender Strophe zu Weltumarmungsrefrain. Der Closer "Gone" mopst gar ein paar verpeilte Geigen von The Verve und verzückt durch das verschlierte Klangbild, dem man beinahe das Attribut "originell" anheften möchte. "The changing of the guards is so real": Gallagher weiß, dass er nicht mehr zur ersten Garde gehört. Er nimmt es offenbar gelassen.

Mit "Alright now" und "Meadow" imitiert Gallagher wie schon so oft die Spätphase der Beatles – einmal die liebliche, einmal die psychedelische Seite – und scheitert nur durch etwas flache Refrains an einer rundum gelungenen Hommage. Schönheitsfehler gehören allerdings zu "Why me? Why not." wie zum Ex-Oasis-Frontmann selbst, perfekt sollen andere sein. Und bis auf das erwähnte, ärgerliche "Shockwave" sind die Tracks allesamt mindestens ordentlich und die Highlights zudem besser verteilt als auf dem etwas frontlastigen "As you were". Dank der gewohnten stilistischen Umgebung darf man sich sowieso unmittelbar wohl fühlen. Alben wie diese nehmen wir weiterhin mit Kusshand, ebenso wie solche Tweets. Der Mann hat sich endlich mal einen Löffel verdient.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • One of us
  • Once
  • Why me? Why not.
  • Gone

Tracklist

  1. Shockwave
  2. One of us
  3. Once
  4. Now that I've found you
  5. Halo
  6. Why me? Why not.
  7. Be still
  8. Alright now
  9. Meadow
  10. The river
  11. Gone
Gesamtspielzeit: 39:33 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2024-01-25 14:35:05

Allein die ersten 3 Tracks gefallen mir sofort besser als das gesamte erste Album... hui.

AliBlaBla

2022-04-19 14:05:29

Also, ich finde das erste Solo-Album einen Stern besser (und besser als die BEADY EYE SACHEN allemal), aber Singen höre ich ihn nach wie vor gern- werde auch dem dritten eine Chance geben!

Kojiro

2021-07-11 12:25:49

@Annie löl.


Oceantoolhead

2021-07-11 12:03:57

Also Noel das Talent abzusprechen zeugt von einem äußerst geringen Musikverständnis.

Annie

2021-07-11 11:19:37

Naja er denkt wohl….Wie habe ich es geschafft ohne Talent so reich zu werden und dankt dafür täglich seinem Brüderchen

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