Chastity Belt - Chastity Belt

Hardly Art / Cargo
VÖ: 20.09.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Bands 4 friends

2018 war ein Jahr der Auszeit für die Damen-Formation Chastity Belt aus Seattle. Die vier Frauen haben sich den Luxus gegönnt, das auf Eis zu legen, was in den letzten zehn Jahren ihr Leben bestimmte. Nicht als Auflösung, aber eben auch nicht mit der Gewissheit, ob und wann es denn weiter geht. Bandmitglied Julia Shapiro nutzte diese Phase, um ein bemerkenswertes Soloalbum aufzunehmen, aber auch wenn nur endlich mal die Bücher gelesen wurden, die man auf der To-read-Liste hatte, Filme angeschaut wurden, von denen man schon so viel gehört hatte oder einfach nur Familie und Freunde wieder mehr in den Fokus rückten, hieß es: mal weg vom Band-Rummel, Kraft schöpfen und den Fokus auf die eigene Arbeit schärfen. Und so siegte nach ersten losen Telefongesprächen dann doch wieder die Neugier, was man zusammen noch hinbekommen kann. Shapiro, Lydia Lund, Gretchen Grimm und Annie Truscott waren wieder vereint im Studio, das resultierende Album ist selbstbetitelt, weil es die Essenz der Band einfängt. Dabei handelt es sich um angenehm beiläufigen Slacker-Indie, der bei näherer Betrachtung jedoch so manch feines Detail preisgibt.

Ein Prunkstück dieser Band und dieser Platte ist der Wechselgesang von Leadgitarristin Shapiro sowie von Lund und Grimm, wobei sich die einzelnen Stimmen gegenseitig umfloren, ineinander verschränken und ein ungemein feines Spiel mit den Harmonien aufführen. Dazu driften, gleiten und wallen diese Songs vor sich hin in Traumzuständen, die jedoch so manches Mal von einer markanten Gitarrenfigur freundlich sabotiert werden. Aus "Ann's jam" wird so eine Hymne der Genügsamkeit, des wohlmeinenden Einverständnisses. Aus einem tristen Status Quo, "People talking / But they don't look much the same / Taking up space / And drifting away", erwächst der Zauber einer Freundschaft: "This is a start." Dieser unterschwelligen Feierlichkeit im Refrain begegnet man noch manches Mal, vertraut sind obendrein die Gitarrenläufe, die aber zum Beispiel in "Elena" ihre sonnige Unbedarftheit mit erdigen Drums kontrastiert sehen. Diese Platte besticht durch eine gutmütige Melancholie, dreht sich im Bett noch mal um, obwohl es längst Zeit zum Aufstehen wäre.

Und trotz des gleichmäßigen Flusses setzen Chastity Belt kleine dramatische Akzente. In "Effort" steht plötzlich ein recht robustes Riff ohne Begleitung im Mittelpunkt, es folgen schmachtende Streicher, die das Stück etwas dunkler einfärben. Der Kontrast zwischen erdigem Bass-Grummeln und hellem Gitarren-Blinken in "It takes time" besitzt genau wie die träumerische Auflösung der Spannung in "Apart" eine feinfühlige Raffinesse. Diese Songs sind fragil: Nur eine kleine Intensivierung der Melodie reicht aus, um in "Half hearted" den Übergang von wolkig zu heiter zu gestalten, und man ist besorgt, dass die zerbrechliche Beiläufigkeit des abschließenden "Pissed pants" durch mangelnde Sensibilität aufgeschreckt werden könnte. Doch Chastity Belt halten die Balance, haben für sich und ihre Freundschaft einen Schutzraum geschaffen, in dem alles wie selbstverständlich an seinem Platz zu finden ist. Vier Musikerinnen, deren Zusammenspiel wie von selbst ineinander greift.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ann's jam
  • Elena
  • Half-hearted

Tracklist

  1. Ann's jam
  2. Elena
  3. Effort
  4. Rav-4
  5. It takes time
  6. Apart
  7. Half-hearted
  8. Split
  9. Drown
  10. Pissed pants
Gesamtspielzeit: 43:02 min

Im Forum kommentieren

saihttam

2019-10-05 11:07:34

Das Album ist wieder schön geworden. Noch ruhiger und melancholischer als der Vorgänger, aber immer wieder auch mit tollen shoegazigen Ausbrüchen. Die Band hat definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient.

Armin

2019-09-18 15:29:47- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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