The Polyphonic Spree - The beginning stages of The Polyphonic Spree

679 / Good / London / Warner
VÖ: 30.06.2003
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Positive Energie

Es ist immer das gleiche. Da hat man es endlich geschafft, den werten Doktor davon zu überzeugen, daß ein eingerissener Fingernagel sehr wohl für eine längerfristige Krankschreibung gut ist, will es sich gerade bei einem Bierchen mit \"Vera am Mittag\" gemütlich machen und prompt klingelt es an der Tür. Im Glücksfall muß man lediglich den neuen Bauchwegtrainer der Nachbarshausfrau entgegennehmen oder ein paar kleine Kinder auf Spendensammeltour verscheuchen. Wer aber Pech hat, sieht sich plötzlich zwei bis drei seriös dreinblickenden Anzugträgern mit kleinen Aktenköfferchen gegenüber, die ein bißchen über Gott und die Welt plauschen wollen. Und wenn die freundlichen Sektenvertreter erstmal einen Fuß in der Tür haben, wird man sie auch so schnell nicht mehr los.

Eine schlimme Sache ist das. Dabei gibt es doch auch weitaus umgänglichere Fanatiker als die Zeugen Yeboahs und ihre Artgenossen. The Polyphonic Spree nämlich. Knappe zwei Dutzend Männer und Frauen aus Texas (da spinnen sie jetzt scheinbar alle), die das Licht gesehen haben, sich seitdem in weiße Kutten hüllen und gemeinsam für die gute Sache musizieren. Mit Pauken und Trompeten. Harfen und Flöten. Posaunen und Geigen. Hörnern und Celli. Querflöten und Chören. Und und und. Der erhellte Wahnsinn.

Mastermind hinter The Polyphonic Spree ist Tim DeLaughter. Ein alter Bekannter in Szenekreisen, der bereits in den 90ern mit den Tripping Daisy für die Indie-Musik unterwegs war und nun offenbar vollkommen den Verstand verloren hat. Die Hände zum Himmel suhlt er sich voller Inbrunst in Versen wie \"Hey, it\'s the sun / And it makes me shine\" und verkündet seine frohe Botschaft von Friede, Freude und jede Menge Eierkuchen. Dazu jubilieren die Bläser, jauchzen die Streicher und frohlockt der Chor, als müßte er das Brot mit seiner puren Sangeskraft brechen. Ein Wunder? Ein Wunder! Ein Wunder!

Natürlich passieren hier auch einige Dinge, für die man die versammelte Mannschaft ans Kreuz nageln möchte. \"La la\" könnte mit seinem aufgescheuchten Geplärre Wein in Wasser verwandeln und die 36-minütige Schlußübung \"A long day\" klingt nach einer Herde Seelefanten beim fröhlichen Paarungsakt. Sünden, die jedoch problemlos vergeben werden können, wenn man bedenkt, welch prachtvolle Hymnen The Polyphonic Spree auf der Habenseite verbuchen. \"Hanging around the day part 2\" gehört in jedes gute Gesangsbuch, und wer sich von \"It\'s the sun\" kein herzliches Lächeln aufs Gesicht zaubern läßt, sollte vorsichtshalber schon mal einen Stein neben sein Grab rollen. Sekte oder Selters? Keine Frage. Celebrate! Clap your hands! Praise the Lord! Helga! Heiße Würstchen!

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Have a day / Celebratory
  • It\'s the sun
  • Hanging around the day part 2

Tracklist

  1. Have a day / Celebratory
  2. It's the sun
  3. Days like this keep me warm
  4. La la
  5. Middle of the day
  6. Hanging around the day part 1
  7. Hanging around the day part 2
  8. Soldier girl
  9. Light day / Reach for the sun
  10. A long day
Gesamtspielzeit: 68:24 min

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Tommy Stinson

2021-04-20 07:58:08

Übrigens wirkte St.Vincent vor ihrer sehr erfolgreichen Solokarriere bei Polyphonic Spree mit, auf deren dritter Platte. ...vermutlich ist sie bei Vielzahl an Mitgliedern (nach meiner Erinnerung ca. 25) mit ihren Qualitäten etwas untergegangen.

Analog Kid

2021-04-19 21:13:29

Ja, leider. Ich hatte mir sogar noch die letzte geholt, die 2013 rauskam. Hatte ja dann zum Schluss anscheinend niemanden mehr interessiert, dabei war die ja echt nochmal ganz gut.

slowmo

2021-04-19 19:30:21

Bin auch eher mit dem Album danach eingestiegen, aber fande die Band immer richtig gut und "Soldier Girl" ist natürlich wirklich klasse. Das "Lithium" Cover von denen ist richtig laut aufgedreht auch so großartig. So ein richtiger Aufbausong, wenn es einem mal nicht so gut geht. Die müssen Live schon der Wahnsinn gewesen sein. Auf Albumlänge dann allerdings natürlich etwas anstrengender. Schön, dass es mal wieder wer erwähnt. Die Band scheint ziemlich in Vergessenheit geraten zu sein.

Analog Kid

2021-04-19 18:53:52

Okay, würd doch 7/10 sagen. Ist n recht kurzes Vergnügen, am Ende gibt's ja noch das sinnfreie Gesumme, für alle, deren bunte Pillchen dann vermutlich endlich zu kicken beginnen.

Soldier Girl ist top. Insgesamt wirkt alles aber noch eher unfertig, skizzenhaft, aber nicht unsymphatisch.

Analog Kid

2021-04-19 18:32:46

Also für Sektenmusik doch gar nicht schlecht.
Darf man nur nicht zu laut hören, sonst macht's agressiv. Balanciert für mich gerade auf dem schmalen Grad zwischen durchaus berührend und nervig mal sehen zu welcher Seite es sich final neigt. Hat schöne Beatles/Brian Wilson-Vibes in den guten Momenten.

Lange her dass ich das gehört hab, hab die zweite als insgesamt besser in Erinnerung, danach gleich mal gucken

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