Bleached - Don't you think you've had enough

Dead Oceans / Cargo
VÖ: 12.07.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Nüchtern betrachtet

Sex, Drugs & Rock'n'Roll? So out wie Schule im Sommer. Ein healthy Lifestyle ist das neue Schwarz! Ja zur Monogamie! Ja zu Gemüse! Ja zu Lauwarm-Wasser ohne Kohlensäure für die bessere Verdauung! Ja zur Schlafenszeit um halb 9, auch wenn es draußen noch hell ist! Na gut, man muss es ja nicht gleich übertreiben. Im Falle der Clavin-Schwestern Jennifer und Jessica von Bleached war der Gesundheitswandel jedoch durchaus vernünftig: Die beiden legen mit ihrem passend betitelten dritten Album "Don't you think you've had enough" nämlich ihr erstes nüchternes Werk vor. Ganz recht: Mit gerade mal Anfang bis Mitte 30 haben die Kalifornierinnen ein Problem bei sich feststellen können und die notwendigen Schritte eingeleitet. Gemeinsam mit ihrem Schlagzeuger Spencer Lere ging es entsprechend völlig unberauscht ins Studio, und während den Schwestern der Entzug mit Sicherheit gut getan hat, tut er dem Drittlingswerk keinerlei qualitativen Abbruch: Auch hier wird wie eh und je gefeiert und der Sand vom Badetuch gerockt, als wäre der Eistee doch mit Schuss versehen gewesen.

Einzig der Produktion hört man einen kleinen Unterschied an, was allerdings auch am mittlerweile erhöhten Reifegrad liegen könnte: Waren das Debüt "Ride your heart" von 2013 und der drei Jahre später veröffentlichte Nachfolger "Welcome the worms" noch zwei durchaus kratzige DIY-Rotznasen, gibt sich "Don't you think you've had enough" etwas klarer und glatter im Sound und an so mancher Stelle gar verführerisch-funky. Dem charmanten Pop von "Somebody dial 911" droht jedenfalls allenfalls eine Verwarnung wegen zu viel Spaß beim Autofahren und damit verbundenen Schlangenlinien, während "Kiss you goodbye" sogar die Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses mit gekonntem Hüftschwung beiseiteschiebt. "Silly girl" markiert derweil ein ebensolches und tanzt, hüpft, springt und lacht wie ein junges Reh über den doch ziemlich schmutzigen Asphalt – manche Dinge muss man sich einfach nur selbst schön machen.

Der aufgehübschte Klang und das nach rebellierenden Popsternchen aussehende Artwork sollten zumindest auf keinen Fall missverstanden werden: Die Clavins sind nach wie vor keine Modepüppchen und ziehen ihr eigenes Ding durch. Der Opener "Heartbeat away" schrammelt sich mit Leidenschaft und Zeilen wie "It's stay alive or suicide / But it's only a heartbeat away" durch die düstersten Phasen des Lebens, "Hard to kill" versucht sich erfolgreich an einer Neuauflage eines Zweitausenderjahre-Indie-Disco-Tracks, "Valley to LA" hingegen am nächsten Mitgröl-Hit für kommende Sommerkonzerte. Da sage noch mal jemand, dass man nicht auch ohne Alk Spaß haben könnte! Mit "Shitty ballet" kommt zum Schluss dann doch die Rückkehr zum DIY-Sound vergangener Tage, der in der allerletzten Minute des Albums noch mal ordentlich auf die Pauke haut und sämtliche übriggebliebenen Bierflaschen zum Platzen bringt. Über den Albumtitel müssen wir hier aber noch mal sprechen, Mädels, weil – genug? Hiervon? Nie.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Somebody dial 911
  • Kiss you goodbye
  • Valley to LA

Tracklist

  1. Heartbeat away
  2. Hard to kill
  3. Daydream
  4. I get what I need
  5. Somebody dial 911
  6. Kiss you goodbye
  7. Rebound city
  8. Silly girl
  9. Valley to LA
  10. Real life
  11. Awkward phase
  12. Shitty ballet
Gesamtspielzeit: 39:16 min

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Gordon Fraser

2019-10-25 01:46:55

Erst spät entdeckt, aber dafür gefällt's mir jetzt richtig. Genau die richtige Mischung aus Dreampop-Melodieseligkeit und Indierock-Fuzz.

Armin

2019-07-20 22:32:56- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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