Palace - Life after

Fiction / Caroline / Universal
VÖ: 12.07.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Verträumte Bauchmusik

Manchmal machen es einem Musiker wirklich schwer, nicht nur das Banale in ihrem Schaffen zu sehen. Beispielsweise wenn Leo Wyndham, Sänger des Londoner Trios Palace, gar nicht erst so tut, als wären die Songs seiner Band besonders tiefgründig. "Hope and positivity", sagt er, darum gehe es auf dem zweiten Album "Life after". Darum, dass am Ende eines jeden Tunnels auch wieder ein Licht scheinen wird – und irgendwie ist dieser unprätentiöse Hang zum Wohlklang und zur guten Laune ziemlich sympathisch und charmant. Noch dazu in einer Jahreszeit, in der es leichter fällt, sich auf den Wogen der guten Laune mittragen zu lassen.

Mit weniger Köpfchen und mehr Bauchgefühl ist die Band an das Schreiben der neuen Songs gegangen und tatsächlich ist ein Großteil von "Life after" von einer fast schwebenden Leichtigkeit geprägt. Selbst die melancholischeren Stücke dringen so unaufhaltsam zum erwähnten Licht am Ende des Tunnels, dass die Platte gleichzeitig verträumt und zielstrebig klingt. Wenn den dreien Teile der Demos aus dem Proberaum so gut gefielen, dass sie überzeugt waren, sie könnten im Studio nicht mehr besser werden, wurden sie kurzerhand in den finalen Mix übernommen – ansonsten produzierte unter anderem von Catherine Marks, die auch schon mit St. Vincent und PJ Harvey gearbeitet hat.

Mit dem vielen Hall und Delay, der auf Instrumenten und Gesang liegt, suggeriert das Album, die Band habe sich noch weiter freigespielt, noch mehr Raum für ihre süßlichen Melodien und dichten Soundwände geschaffen. Auf viele der kleinen Schnörkel wären vermutlich sogar die Nullerjahre-Indie-Helden wie Bloc Party oder Bombay Bicycle Club neidisch – so gekonnt lassen Wyndham und seine Mitstreiter immer wieder kleine Riffs aufblitzen und andere mehr und mehr hinter Bergen aus Reverb verschwinden. Auch Wyndham, der vor Palace noch nie in einer Band gesungen hat, macht sich die Tracks mit seinem sanften, schmeichelnden Gesang mehr zu eigen als noch auf dem Debüt "So long forever".

Im launigen "Younger" schwingt sich der Sänger über dem eleganten Zusammenspiel aus E- und Akustik-Gitarre zu einem energievollen Refrain auf, während Drummer Matt Hodges lässige Rhythmen dazu trommelt. In diesem sicheren Gespür für berührende Strophen und treibende Refrains erinnern Palace bei "Fact in the crowd" an Hozier oder in "Caught my breath" an Kings Of Leon und klingen trotzdem wie sie selbst. Auf dem wunderbar melancholischen "Bones" haben sich die Musiker gar eine Geige geleistet, die dem Song eine ganz eigene Tragik gibt, ihn aber nie hoffnungslos wirken lässt. Das Highlight ist allerdings "Heaven up there", das mit rückwärts abgespielten Gitarren-Samples beginnt und dann über seine sieben Minuten Laufzeit einen Turm aus Wohlklängen baut, der trotz Pathos in den titelgebenden Himmel ragt. Und bei soviel Lockerheit und musikalischer Wohligkeit verzeiht man etwaige Banalitäten gern.

(Simon Conrads)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Heaven up there
  • Younger
  • Martyr

Tracklist

  1. Life after
  2. Berlin
  3. Younger
  4. Face in the crowd
  5. Caught my breath
  6. Martyr
  7. All in my stride
  8. No other
  9. Bones
  10. Heaven up there
Gesamtspielzeit: 43:06 min

Im Forum kommentieren

Blanket_Skies

2022-01-21 15:47:08

Ich war letztes Jahr late to the party, die Life After war dennoch eine meiner Lieblings CDs. Die ganz neuen Songs kicken mich noch nicht so. Ich bin gespannt, ob sie hier reszensiert wird.

Pivo

2019-07-15 09:22:49

"0Heaven up there" ist ein großartiger Song. Auch der Rest des Albums ist nicht verkehrt aber eine wenig arm an echten Highlights. Es plätschert ruhig und gewaltfrei vor sich hin, was nicht so negativ gemeint ist, wie es sich anhört, da das Niveau gehobene Mittelklasse ist. Sehr gut wiederrum ist die Stimme des Sängers. Er klingt wie eine gesunde Mischung aus Chris Martin und Dave Pen (Archive). Ein bisschen mehr "Wumms" in den Refrains hätte schon fast die 8/10 bedeutet in meinen Ohren, so ist es eher eine schwächere 7/10.

elo

2019-07-12 18:04:53

Hatte mich damals gewundert warum die "So long forever" nicht rezensiert wurde. Freut mich das es diesmal geklappt hat. Klingt zwar immer alles etwas ähnlich aber sehr schön zum runterkommen wie ich finde - 7/10 passt definitiv

Pivo

2019-07-09 16:15:36

Kann mich nur anschließen. Erstes Probehören war gut. CD bestellt. Könnte als Sommeralbum 2019 funktionieren.

BVBe

2019-07-09 15:19:46

Hey, die klingen echt hübsch! Danke für den Tipp!

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