
Heather Nova - Pearl
Saltwater / OMN / Rough TradeVÖ: 28.06.2019
Bitte lächeln
Heather Novas neues Album heißt "Pearl". Sicherlich kein Zufall. Sie wird doch nicht? Als ob. Die depressive Sirene der Jugendjahre hat die Sängerin lange hinter sich gelassen. Eine deutliche Rückbesinnung auf alte Stärken stellt das Werk trotzdem dar, denn so abwechslungsreich und lebhaft klang Nova lange nicht mehr. Vor allem in Sachen Instrumentierung und Melodieführung weiß "Pearl" über weite Strecken zu überzeugen. Endlich wieder richtige Refrains, endlich wieder Melodien, zu denen sich Menschen umarmen lassen. Und vor allem eines: Endlich ist sie wieder hörbar, diese Wehmut, die die frühen Werke der Dame von den Bermudas durchwehte. Übertrieben zuckerglasiertes Gedudel der Marke "South" hat sie ohnehin ad acta gelegt.
So ganz ohne Banalitäten kommt "Pearl" aber leider nicht aus. Weshalb ausgerechnet das nichtssagende "The wounds we bled" das Album eröffnet, wird wohl das Geheimnis der Urheberin bleiben. Auch "Don't worry what the experts say" kommt kaum über Kaffeesatzleserei hinaus. Wobei die Stärken der Musikern sowieso schon immer im Besingen der kleinen und großen emotionalen Notstände lag. Wie toll sie das immer noch beherrscht, zeigt "Rewild me". Wunderschön melancholisch ist das, spätestens beim Einsetzen der Sologitarre dann sogar hinreißend traurig. Überhaupt, diese Gitarren. Dass auf einem Heather-Nova-Album noch einmal jaulende Sechssaiter erklingen würden, erschien bis vor kurzem utopisch – doch sie sind da. Und reißen Löcher ins Seelenleben. Vor allem "Some things just come undone" erzeugt Gänsehaut. Und auch "See yourself" überzeugt durch kunstvollen Spannungsaufbau, der ein wenig an "Blood of me" erinnert. Nur heißt es heute nicht mehr "You're the truth that hurts", sondern "It's alright."
Denn allzu tiefe Abgründe umfährt Nova weiterhin. Songs wie "Vincent" oder "After all this time" sind ohne Zweifel schön, aber eben auch ein bisschen lahm, was jedoch nichts an ihrer grundsätzlichen Qualität ändert. Sinnierend dem Meer beim Schwappen zuschauen kann man ja auch, wenn es einem gut geht. Wo dereinst Verzweiflung regierte, macht sich mittlerweile Milde breit. Nova erzählt von verfließenden Lieben und versiegenden Gefühlen. Glücklicherweise vermeidet sie größtenteils den Honigtopf. "Just kids" kommt beispielsweise anfangs recht unscheinbar daher, entpuppt sich aber gerade durch den unaufgeregten Vortrag der Sängerin als echter Grower. Streicheleinheiten sind richtig und wichtig. Heather Nova ruft vielleicht keine Begeisterungsstürme mehr hervor, aber ein Lächeln. Und dieses Lächeln bleibt auch nach dem Verklingen der letzten Akkorde auf den Lippen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Rewild me
- Some things just come undone
- Just kids
- See yourself
Tracklist
- The wounds we bled
- All the rivers
- Rewild me
- Some things just come undone
- After all this time
- Over the fields
- Just kids
- Don't worry what the experts say
- See yourself
- Vincent
- Your words
Im Forum kommentieren
Kojiro
2019-07-14 18:25:25
Wollen wir´s hoffen... :-)
Mein Gott, fand ich die damals bezaubernd! Glaub, ich geh in München im Oktober aufs Konzert..
Dennisolllooll
2019-07-13 22:29:01
Mit "All the rivers" und "See yourself" zwei wirklich gute Lieder drauf. So richtig peinlich seicht ist auch nichts und "Experts" trotz etwas einfachem Text auch richtig schön. 5-6/10, mit Oyster-Bonus vielleicht gar 7/10. Die Oyter Revival-Tour scheint ihr gut getan zu haben. Mal schauen, wie das nächste Album klingt. Return to form?
Dennisolllooll
2019-07-13 22:28:42
Ich bin auch positiv überrascht.
Kojiro
2019-07-13 17:44:51
Ich find´s durchaus richtig gut. Klar, ein Oyster wird sie ohnehin nicht mehr toppen können, aber das Album hat wirklich gute Songs, ne gute Produktion, Charme und ihre Stimme. Ne 7 - 7,5 von 10 ist das durchaus.
Die Perücke von Robert Plant
2019-07-06 02:07:36
Ich fühle mich irgendwie zu "schmutzig" mittlerweile für Heather Nova und um in jenen Sphären zu schwelgen. Zu viele gefühlte Leichen im Keller.
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