Gaahls Wyrd - GastiR – Ghosts invited
Season Of Mist / SoulfoodVÖ: 31.05.2019
Teufel komm raus
Der Blick. Es ist vor allem dieser stechende Blick, der beeindruckt, als Kristian Espedahl alias Gaahl vom kanadischen Filmemacher Sam Dunn in der vorzüglichen Doku "Metal - A headbanger's journey" gefragt wird, was die treibende Kraft hinter seiner damaligen Band Gorgoroth sei. Gaahl scheint sein Gegenüber mit seinem Blick zu durchbohren und sagt dann leise nur ein Wort. "Satan." Spricht's und nimmt einen tiefen Schluck Rotwein. Wer diese Szene das erste Mal sieht, kann eigentlich nur zu einer von zwei Schlussfolgerungen kommen. Möglichkeit 1: Der Mann hat einen an der Klatsche. Möglichkeit 2: Gaahl glaubt zutiefst an den spirituellen Unterbau des Black Metal. Mindestens jedoch gehörte der Norweger spätestens nach seinen Gefängnisaufenthalten 2002 und 2006 – in letzterem Fall, weil er einen Mann überfallen und gefoltert haben soll – zu den gefährlicheren Protagonisten der zweiten Welle des skandinavischen Black Metal.
Um nun zu verstehen, ob Espedahl ein gemeingefährlicher Krimineller ist oder ein Freigeist auf unkontrollierten Abwegen, lohnt ein Blick auf die Zeit nach Gorgoroth. Denn die Trennung lief gänzlich irdisch ab, verbunden mit einem jahrelangen Rechtsstreit über die Namensrechte, den Gaahl letztlich verlor. Doch erst sein Coming-Out im Jahr 2008 und kurze Ausflüge in Modedesign und Schauspielerei brachten ihm den Hass homophober Spinner und die Anerkennung als freidenkender Künstler ein. Die Kernfrage jedoch blieb all die Jahre bestehen, zumal sich sein Projekt God Seed als lediglich kurzlebig erwies: Ist Gaahl noch imstande, faszinierende Musik zu machen?
Zumindest einmal hat das, was uns der Norweger mit Gaahls Wyrd und dem Debütalbum "GastiR – Ghosts invited" präsentiert, mit Black Metal zwar durchaus noch etwas zu tun, zeigt sich jedoch deutlich vielschichtiger. Das düstere "Ek erilar" gleich zu Beginn wirkt durch die beschwörenden Vocals wie ein eklektisches Düster-Metal-Projekt, bei dem sich Carl McCoy von Fields Of The Nephilim und Behemoth-Frontmann Nergal den Gesang teilen. Geradezu beängstigend gut sind ausgerechnet die Songs, bei denen die Skandinavier eben gerade nicht der Raserei anheimfallen. Namentlich "Carving the voices" besticht durch einen hervorragenden Spannungsbogen, der von sachte dröhnender Grabesstimme bis hin zu mühsam kontrolliertem Inferno reicht.
Und auch wenn zwischendurch wie bei "From the spear" das ganz große Spektakel ausbleibt, beherrschen Gaahls Wyrd trotzdem noch das gepflegte Ausrasten. Bei "Veiztu hve" klingt zwischendurch gar – und zwar gar nicht so unpassend – eine dezente Anleihe bei King Diamond durch, während "Through the past and past" nicht mehr und nicht weniger als eine schwarzmetallische Abrissbirne ist. Die nur noch von "Within the voice of existence" übertroffen wird – eine einzige Beschwörung und mehr Ritual als Sound. Gerade zusammen mit der Erinnerung an die spektakuläre Orgie aus Feuer und Kunstblut auf dem Wacken Open Air 2008 kommt dies wohl Espedahls künstlerischer Vision am nächsten. Einer der schillerndsten Künstler der Szene ist wieder zurück. Teufel auch.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Carving the voices
- Veiztu hve
- Within the voice of existence
Tracklist
- Ek erilar
- From the spear
- Ghosts invited
- Carving the voices
- Veiztu hve
- The speech and the self
- Through the past and past
- Within the voice of existence
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Armin
2019-06-20 20:56:22- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Gaahls Wyrd - GastiR – Ghosts invited (1 Beiträge / Letzter am 20.06.2019 - 20:56 Uhr)