Spock's Beard - Feel euphoria
InsideOut / SPVVÖ: 30.06.2003
Gestutzte Bärte
Spock\'s Beard gleichen sich in ihrer Biographie immer mehr den Siebziger-Helden von Genesis an. Wie jene erlebten die Bärte mit einem monumentalen Konzeptalbum den bisherigen Höhepunkt der Karriere; wie die Briten fanden sich auch die Amerikaner nach diesem Höhepunkt plötzlich ohne Sänger wieder. Neal Morse entschied, daß sein christlicher Glauben in einer Solokarriere besser zu verwirklichen sei und verließ urplötzlich sowohl Spock\'s Beard als auch das kongeniale Nebenprojekt Transatlantic. Die Betrübnis über diesen plötzlichen Weggang währte nur kurz, denn schon bald wurde bekannt, daß - Achtung, erneute Parallele zu Genesis! - mit Schlagzeuger Nick d\'Virgilio ein adäquater Ersatz zur Verfügung steht, der sich bereits in der Vergangenheit als durchaus passabler Sänger und Songwriter hervorgetan hat.
Insofern durfte man gespannt sein, was es denn mit \"Feel euphoria\" so auf sich hat: Zunächst einmal setzt es eine amtliche Fönfrisur ob des Riffgewitters, das dem Hörer beim Opener \"Onomatopoeia\" entgegen schallt. Ein derartiger Härtegrad war von Spock\'s Beard wahrlich nicht zu erwarten. Hinzu kommt die Beard-übliche Virtuosität, die mal wieder Heerscharen von Nachwuchsbands in den Proberaum zurücktreiben wird. Bisweilen hat man durchaus das Gefühl, als sei eine Last von den Schultern der Bandmitglieder genommen worden. Vor allem Ryo Okumoto, der nunmehr alle Tasteninstrumente unter seine Fittiche genommen hat, zeigt sich in absoluter Bestform und reiht sich in die Schar der Edel-Organisten wie Rick Wakeman, Jon Lord oder Keith Emerson ein.
Dennoch mag auf weiten Teilen des Albums die versprochene Euphorie nicht aufkommen. Zu eindringlich waren die Balladen, zu magisch das Songwriting, das Neal Morse ausgezeichnet hatte, als daß sich nicht eine gewisse Enttäuschung breitmachen würde. Paradebeispiel ist der Zwanzigminüter \"A guy named Sid\". Ein großartiges Werk, ohne Frage, aber im Vergleich zu früheren Zeiten doch fast schon belanglos. Fast immer blitzen vereinzelte Highlights nur auf, um sich dann doch wieder dezent zu verstecken. Nur noch Prog-UEFA-Cup statt Champions League?
So hinterläßt \"Feel euphoria\" letztlich einen zwiespältigen Eindruck. Grundsätzlich sicherlich ein gutes Album, kann es doch nur ansatzweise mit früheren Spock\'s Beard-Werken mithalten. So drängt sich dem Hörer der Eindruck auf, es handele sich um einen Schnellschuß, nur dazu da, ein Lebenszeichen von sich zu geben. Bislang jedenfalls ist der Ausfall von Neal Morse nicht wirklich zu kompensieren. Bleibt abschließend nur zu hoffen, daß die Genesis-Parallelen nicht komplett ausgereizt werden: Daß nämlich auch noch Gitarrist Al Morse die Band verläßt und eine Rumpftruppe mit mediokrem Radio-Pop Stadien und Geldbeutel füllt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Feel euphoria
- East of Eden, west of Memphis
- A guy named Sid
Tracklist
- Onomatopoeia
- The bottom line
- Feel euphoria
- Shining star
- East of Eden, west of Memphis
- Ghosts of autumn
- A guy named Sid
- Carry on
Referenzen
Spotify
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