Honeyblood - In plain sight
Marathon / SoulfoodVÖ: 24.05.2019
Auf der Pfanne
Überall Jangle-Gitarren, aber Honeyblood ziehen Flunsch. Zumindest eine von beiden, sollte man meinen. Als sich für Schlagzeugerin Cat Myers die Live-Engagements bei Acts wie Mogwai oder KT Tunstall häuften, stand Sängerin Stina Tweeddale nämlich plötzlich alleine da – hatte damit aber nicht das geringste Problem. Im Gegenteil: Eine Band im eigentlichen Sinne sei das ehemalige Duo ohnehin nie gewesen, und die Schottin fühle sich wohler damit, niemand anderem ihre persönliche musikalische Vision aufzudrängen. Und solange diese Vision so famose Platten wie "Honeyblood" oder "Babes never die" hervorbringt, glaubt man Tweddale aufs Wort, dass sie auch diese bereits gerne auf ihre alleinige Kappe genommen hätte – auf ihrem ersten Quasi-Soloalbum ist es nun erstmals so weit. Und Obacht: Das Ding geht aufs Ganze.
Dabei braucht es wenig mehr als Tweeddale an Mikro, Gitarre, Bass und Keyboards plus Gast-Drummerin, um "In plain sight" prächtig vom Start wegkommen zu lassen. Und auch Produzent John Congleton, der die elf Songs in nur neun Tagen eintütete, wird seine helle Freude gehabt haben. Vor allem am Opener, wo die Protagonistin Nacht für Nacht von einem bösen Geist in weiblicher Gestalt heimgesucht wird – ein gefundenes Fressen für den Mann, dessen Band The Paper Chase so perfide Albtraum-Longplayer wie "Now you are one of us" auf dem Kerbholz hat. Mit dem Unterschied, dass es sich bei "She's a nightmare" um einen basslastigen Indie-Pop-Wonneproppen mit schlanken Licks und energischem Refrain handelt, der die Dämonin mit keck gezupften Geigen in den Allerwertesten piekst. Exorzismus per Zuckerwatte und vorgehaltener Sechssaitiger.
Klar, dass Tweeddale mit der Männerwelt nach dieser transzendenten Erfahrung erst recht fertig wird – etwa im basslastigen Sixties-Stampfer "The third degree", bei dem der Bubblegum-Soul schon im Titel durchscheint. Als würde Elle King ihre "Ex's and ohs" mit angerauten Motown-Mitteln und durchgetretenem Verzerrerpedal endgültig in die Wüste schicken. "A kiss from the devil"? Auch ein Klacks, solange Glam-Riffs und Sprotz-Synthie den Lauten machen und sich Tweeddale allmählich in angepisste Kratzbürstigkeit hineinsteigert, ehe sie dieses Album mit rasanter Griffbrettfahrt, lautstarkem Gezicke und Blecheimer-Drumkit vorläufig komplett in die Luft jagt. "When you're talking shit / Sounds like gibberish"? Nein, das klingt eher wie The Kills' Alison Mosshart, wenn sie dem ehemals Liebsten ein ganzes Pfannen-Set auf einmal um die Ohren haut.
Immerhin kehrt bald relative Ruhe ein, denn Tweeddale hat noch einiges mehr auf der – Entschuldigung – Pfanne. Zum Beispiel Trip-Hop-geschwängerte Groove-Kartons wie das köstlich rumpelige "Twisting the aces" oder "The tarantella", wobei letzteres Stück schließlich doch noch gewaltig eins mit der Grunge-Keule übergezogen bekommt. Der vergleichsweise lockere Disco-Popowackler "Glimmer" hingegen schnappt sich die Rhythmusgitarre von Morrisseys "First of the gang to die" und dreht ein paar schnelle Runden auf dem Parkett, bis "You're a trick" mit bedrückt kokelnden Electronics entspannt die Zielgeraden einläutet. Dank einer pittoresken Piano-Ballade könnte man "In plain sight" am Ende tatsächlich kurz für "Harmless" halten – doch wehe, diese formidable Ein-Frau-Band stampft das nächste Mal mit dem Fuß auf und holt das Kochgeschirr raus.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The third degree
- A kiss from the devil
- Glimmer
- Twisting the aces
Tracklist
- She's a nightmare
- The third degree
- A kiss from the devil
- Gibberish
- The tarantella
- Take the wheel
- Touch
- Glimmer
- You're a trick
- Twisting the aces
- Harmless
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vincent92
2019-05-31 20:26:18
Schade. Das Beste an diesem Album ist das Cover. Der Rest ist leider nur Durchschnitt.
Armin
2019-05-30 20:02:27- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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