Sebadoh - Act surprised

Fire / Cargo
VÖ: 24.05.2019
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Keine haarige Angelegenheit

Also, diesen Lou Barlow muss man schon irgendwie gern haben. Da steht seine Band Sebadoh kurz vor der Veröffentlichung ihres neunten regulären Studioalbums "Act surprised", dem Nachfolger des 2013er-Werkes "Defend yourself", und zur Leadsingle "Celebrate the void" hat der Mann einen Popsternchen-Vergeich parat: "I get the feeling you don't feel me", die erste Zeile des Stücks, könnte laut seiner Aussage nämlich auch von Ariana Grande kommen. Und: "I like it." Scheiß auf die mittlerweile eh überholte DIY-Lo-fi-Credibility, auf das altbekannte Gelaber über "echte" und "unechte" Musik, auf die Überlegenheit älterer weißer Musiker mit Gitarren in der Hand gegenüber jungen Frauen mit unverkennbarer Zopf-Frisur. Liebe braucht die Welt!

Barlow, Jason Loewenstein und Bob D'Amico dürften mittlerweile ohnehin entspannt sein und die Ruhe weg haben. Seit Mitte der Achtzigerjahre schrammelt sich die Band, wenngleich mit wechselnden Mitgliedern, über die Bühnen dieser Erde, quasi ebenso lang arbeitet Barlow schon an seinem Legenden-Status als Gründungsmitglied von nicht nur Sebadoh, sondern auch den anderen Indie-Helden Dinosaur Jr. und The Folk Implosion. "Act surprised" ist dementsprechend in seiner Güte eher wenig überraschend, mit seinem altbewährten Sound aber immerhin fast so liebenswert wie seine Schöpfer selbst.

"Celebrate the void", die anfangs erwähnte Leadsingle, hat freilich so gar nichts gemeinsam mit Ariana Grande, und auch ihre Eröffnungszeile liest sich auf dem Papier deutlich kitschiger, als sie wirklich ist. Eine schwere, melancholische erste Hälfte deutet den Untergang nach der Trennung von einer geliebten Person an, die zackigere, aufmüpfigere zweite Hälfte sucht jedoch das Licht am Ende des Tunnels. Es ist das Thema des Albums: Nicht immer muss es schlimm sein, wenn zwei oder mehr Personen auseinandergehen, wenn Dinge zerbrechen, wenn Situationen sich ändern. Die Katharsis ist entscheidend für den Neuanfang.

Manchmal muss man für diese auch einen Schritt zurückgehen. "Act surprised" entstand, nachdem Barlow zurück nach Massachusetts zog und die Band sich im dortigen Northampton zusammenfand – jener Stadt, in der Sebadoh einst ihren Ursprung fanden. Der nostalgische Blick auf Vergangenes, gepaart mit der Erfahrung der Gegenwart, steht den 15 neuen Nummern gut: "Raging river" ist astreiner Neunzigerjahre-Alternative-Rock, "Sunshine" eine von der Psychedelik geküsste Reise zur Selbstfindung mit Ohrwurm-Charakter, "Vacation" und "Battery" hingegen zwei mit Ecken und Kanten ausgestattete Wüteriche, die alleine sein möchten. Na gut.

Ihre über 30-jährige Bandgeschichte hört man Sebadoh nur mit viel bösem Willen an, ansonsten kommt "Act surprised" trotz der unverkennbaren Sebadoh-Dynamik erstaunlich frisch ums Eck, wovon sich einige andere Musikerkollegen gern eine Scheibe abschneiden dürfen. Mit euphorischen Muntermachern wie "Medicate" oder auch "Fool" spielt das Trio jedenfalls mal eben sämtliche neueren Werke der Genre-Buddies von Guided By Voices an die Wand, während sich der Kurz-vor-Schluss-Rauswerfer "Leap year" mit viel Strom als kleines Branding im Trommelfell der Hörer verewigt. Den schönsten Song heben sich Sebadoh bis zum Schluss auf: Da nämlich haut "Reykjavik" mit ordentlich Theatralik und ebenso viel Authentizität ein letztes Mal derart auf die Pauke, bis sogar Ariana Grandes Haarpracht vollends zerzaust ist. We like it!

(Jennifer Depner)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Medicate
  • Fool
  • Sunshine
  • Reykjavik

Tracklist

  1. Phantom
  2. Celebrate the void
  3. Follow the breath
  4. Medicate
  5. See-saw
  6. Vacation
  7. Stunned
  8. Foul
  9. Raging river
  10. Sunshine
  11. Act surprised
  12. Battery
  13. Belief
  14. Leap year
  15. Reykjavik
Gesamtspielzeit: 48:53 min

Im Forum kommentieren

fakeboy

2019-08-27 10:00:42

Super Platte!

bitte

2019-05-25 02:53:04

commenten!
platte ist doch da!

Tim L.

2019-05-21 03:35:06

das ist gemein!!!
:-(((

Mich

2019-05-20 11:59:33

Schön zu sehen, dass sich so wenige für diese la.ngw.eilige Musik interessieren. Es besteht Hoffnung.

Tim L.

2019-05-19 23:23:58

get upp kids würdigen lou barlow auf neuer tguk platte mit dem song "lou barlow"
!

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum