Soak - Grim town

Rough Trade / Beggars / Indigo
VÖ: 26.04.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Bahn macht labil

Bridie Monds-Watson alias Soak hat es geschafft. Auf ihrem Debüt "Before we forgot how to dream" besang die junge Nordirin noch das einengende Dasein als Außenseiter-Teenie in einem konservativen Umfeld und bewies dabei eine solche Bezugsfähigkeit, dass ihr das Album sogar eine Mercury-Prize-Nominierung einbrachte. Mittlerweile ist die Künstlerin von Derry nach Manchester gezogen, hat ihren Käfig nun auch körperlich verlassen und dabei eine neue Form von kreativem Selbstbewusstsein erlangt. So deutet sie zu Beginn ihrer zweiten Platte "Grim town" ein Konzept dahinter an, lässt den Zugführer der bevorstehenden Reise zum imaginären Titel-Ort zu Wort kommen: "Please note this train is for the following categories of passenger only: recipients of credit or minimum wage, the lonely, the disenfranchised, the disillusioned, the lost, the grieving." Klare Worte – Soak hat immer noch ganz viel Verständnis für die anderen Belasteten dieser Welt übrig, auch wenn sie selbst schon eine Menge davon abgeworfen hat. Dass sie ihre Empathie so überdeutlich ansagen muss, wirkt zunächst befremdlich, doch ihre musikalische Weiterentwicklung liefert eine Erklärung dafür.

"Get set go kid" beginnt als Folk-Song mit Shuffle-Rhythmus, offenbart diverse Schichten von Gitarren und Keyboards, wechselt mehrmals das Tempo und endet in einem druckvollen Finale inklusive Saxophon-Solo. "Grim town" öffnet sich nicht nur hier zahlreichen Wagnissen und Ambitionen, die sich stellenweise auch in astreinem Pop niederschlagen. So klingt der zuckersüße Tanz-Hit "Knock me off my feet" wie The Cure zu "The head on the door"-Zeiten, auch "Maybe" und das melodisch verspielte "I was blue, technicolour too" kokettieren mit Jangle- und Wave-Pop. Soak schlägt gleich mehrere Brücken, von klassischen Singer-Songwriterinnen zu modernen Auteurinnen wie Lorde, von Achtziger-Indie-Bands zu den Stadion-Gesten von Coldplay und Co. So gut und inspiriert sie all ihre Einflüsse verarbeitet, so irritierend scheinen sie auf dem Papier als Medium für diese Musik gewordenen Therapiesitzungen. Doch die Realität funktioniert: "Déjà vu" fasziniert gerade deshalb so, weil es seine trostlose Geschichte in einen fluffigen Synthpop-Ohrwurm verpackt. Auch "Everybody loves you" mutet als warme Lana-Del-Rey-Verbeugung mit gen Ende ausgebreiteten Armen positiv an, doch tatsächlich singt die 23-Jährige hier von ihrer emotionalen Abhärtung: "'Cause I was built from concrete / 'Cause I don't hurt no more."

Die intimen Akustikgitarren- und Piano-Balladen hat Soak trotz ihrer Neuausrichtung nicht ganz verlassen und inszeniert sie mindestens genauso packend wie zuvor. Am traurig-schönsten gestaltet sich "Fall asleep, backseat", eine Reflexion zur Scheidung ihrer Eltern. Auch "Valentine schmalentine" und "Crying your eyes out" stellen sich der Vergangenheit in Form von zu Bruch gegangenen Beziehungen, doch der Ton bleibt ein optimistischer voller Aufbruchsstimmung – nicht nur, weil sich letztgenannter Song zu einer mächtigen, rhythmisch vitalen Coda hochschraubt. In "Life trainee" wächst die kleine Frau dann über sich hinaus, feiert ausschweifend einen Teilerfolg gegen ihre Depression: "I'm present, not just here, for the first time this year." Versinnbildlicht durch das zwar schöne, aber auch etwas breitgetretene "Missed calls" ist die Platte in ihrem Schlussdrittel ein Mini-Bisschen zu lang, doch die schlussendliche Katharsis erzielt dadurch nur noch mehr Wirkung. In "Nothing looks the same" findet "Grim town" völlig zur Ruhe und verdient sich hier auch seine Sporen als Konzeptalbum, wenn es den Zugführer vom Intro Worte sprechen lässt, welche die Heilkraft der vorherigen 50 Minuten auf den Punkt bringen: "Everything will be alright by the end."

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Get set go kid
  • Knock me off my feet
  • Fall asleep, backseat
  • Déjà vu
  • Life trainee

Tracklist

  1. All aboard
  2. Get set go kid
  3. Everybody loves you
  4. Knock me off my feet
  5. Maybe
  6. Fall asleep, backseat
  7. Crying your eyes out
  8. I was blue, technicolour too
  9. Déjà vu
  10. Scrapyard
  11. Valentine schmalentine
  12. YBFTBYT
  13. Life trainee
  14. Missed calls
  15. Nothing looks the same
Gesamtspielzeit: 53:51 min

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Armin

2019-05-09 20:41:12- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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  • SOAK (4 Beiträge / Letzter am 01.06.2015 - 08:36 Uhr)