Possessed - Revelations of oblivion

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 10.05.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Blutige Anfänger

Es gibt Reunions, und es gibt Reunions. Da wären auf der einen Seite – und das ist in letzter Zeit gar nicht einmal so selten – diejenigen Bands, die schon zur Ursprungsphase ihrer Karriere nicht eben zur Oberklasse des jeweiligen Genres gehörten und die nun, etwa zwei bis drei Jahrzehnte später, nach einem nostalgischen Auftritt auf einem der ansonsten wirklich rührigen Old-School-Festivals der Nachwelt noch einmal zeigen wollen, dass es doch noch klappt mit der erfolgreichen Platte. Klappt aber meist nicht, überschwemmt eher den Markt mit der drölfzigsten NWOBHM- oder US-Metal-Werkschau. Und dann gibt es Bands wie Possessed, bei denen alleine der Name Genre-Kenner in Ekstase versetzt. Kennt Ihr etwa nicht? Also ein wenig Metal-Geschichtsunterricht. Denn 1984 veröffentlichte jene Band ein Demo namens "Death metal". Und dieses Demo sollte für das Genre, das später eben jenen Namen tragen sollte, ähnlich bahnbrechend werden wie "No life 'til leather" der blutjungen Metallica für den Thrash. Bedauerlicherweise langte es im Anschluss nur für zwei reguläre Alben, nämlich "Seven churches" und "Beyond the gates" von 1985 und 1986, bevor die Band an internen Streitigkeiten zerbrach.

35 Jahre nach dem legendären ersten Demo und fünf Jahre nach der umjubelten Rückkehr auf die Bühne beim "Keep it true"-Festival versuchen es die Death-Metal-Pioniere also doch noch einmal mit einer Platte. Und "Revelations of oblivion" legt los, als hätten die Amerikaner jede Menge nachzuholen. Düsteres Intro, dann bollert mit "No more room in hell" ein Brecher aus den Boxen, der den frühen Klassikern in nichts nachsteht. Was für ein räudiges Stück Death Metal auch ohne abgrundtiefes Gegurgel, was für ein Abrisskommando. Fast hat es den Anschein, als hätte Frontmann Jeff Becerra, der als einziges Mitglied der legendären Originalformation erhalten geblieben ist, alles in dieses eine Ausrufezeichen gelegt. Ein Ausrufezeichen mit gereckter Pommesgabel, wohlgemerkt.

Natürlich können die fünf auch barbarisches Getrümmer, am besten sind Possessed jedoch, wenn sie das Gaspedal zugunsten erbarmungsloser Grooves kurz etwas weniger heftig durchtreten. Vor allem das Doppel aus "Demon" und "Abandoned" sticht hier hervor, wenn der gequälten Nackenmuskulatur eine kurze, trügerische Pause gegönnt wird und Becerra zeigt, dass Thrash-Shouts und Melodien in diesem Proto-Death nicht nur nicht verboten sind, sondern höchst willkommene Reizpunkte setzen können. Kein Wunder, dass angesichts dieser Wutklumpen in den Achtzigern so mancher Fan in Ehrfurcht erstarrte und sich ein gewisser Chuck Schuldiner bemüßigt fühlte, seine eigene aufstrebende Band Death zu nennen. Der Rest, wie man so schön sagt, ist dann wohl in der Tat Geschichte.

Ob nun "Revelations of oblivion" in den Metal-Annalen einen ähnlichen Platz einnehmen wird wie die beiden, naja, Vorgängeralben, sei nun dahingestellt. Dagegen spricht nicht nur, dass sich in den Mittelteil ein paar kleine Längen eingeschlichen haben, wobei niemand wirklich ernsthaft erwarten kann, dass das Niveau nach all den Jahren gleichbleibend hoch sein kann – sondern auch der Umstand, dass der damalige Pioniergeist nicht unwesentlich zur heldenhaften Verklärung der Achtziger beitrug. Und doch dürfen sich Possessed nicht nur das Etikett der Genre-Gründer anheften, sondern sich auch dafür rühmen, dass ihre Reunion so spektakulär wie nur bei wenigen anderen Bands geraten ist. Chapeau.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • No more room in hell
  • Demon
  • Shadowcult

Tracklist

  1. Chant of oblivion
  2. No more room in hell
  3. Dominion
  4. Damned
  5. Demon
  6. Abandoned
  7. Shadowcult
  8. Omen
  9. Ritual
  10. The word
  11. Graven
  12. Temple of Samael
Gesamtspielzeit: 53:54 min

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Neytiri

2019-05-17 10:45:23

Album des Monats im aktuellen Metal Hammer!

4,58 Durchschnittswertung von 7 möglichen Punkten im Soundcheck.

Neytiri

2019-05-16 07:49:15

Ausgezeichneter Sound, aber mit dem Gesang werde ich auch nach 35 Jahren nicht mehr warm.

Das intererssanteste Album von Possessed bleibt "Beyond the Gates", das leider auf Kanaldeckeln eingetrommelt wurde.

Armin

2019-05-09 20:41:00- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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