Exclusive - Lieder für die Autobahn

Columbia / Sony
VÖ: 17.05.2019
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Die zwei Seiten der zwei Medaillen

In vier Jahren kann man so einiges tun. Die Grundschule abschließen zum Beispiel oder zwei bis drei Kinder bekommen. Man kann dem Leben abschwören oder sich hineinstürzen, wie der fähige Life-Coach sagen würde. Vier Jahre haben sich die Münchner von Exclusive Zeit gelassen, um den Nachfolger zu ihrem Debüt "Neuer Mensch" zu präsentieren. Wie viel davon in die Arbeit am neuen Werk geflossen ist, kann nur erahnt werden. Ihrem synthlastigen Indie-Pop ist die Band jedenfalls treu geblieben. Die fünf weichen so manchem Fettnäpfchen des Vorgängers aus, entkommen dem Dilemma, das sich schon auf "Neuer Mensch" offenbarte, aber nur bedingt.

Ja, Exclusive können sehr viel Spaß machen. Sie können aber auch ausgesprochen plump klingen. Nehmen wir etwa den Einstiegssong "All". Der Track beginnt vielversprechend. Tiefe, bassgetränkte Synths geben die Richtung vor. Drummer Christian Rehländer klingt, als würde er lässig und abgeklärt am Stuhl lehnen, während er den Beat einklopft. Dann kommt Sänger Fabian Bottler ins Spiel. Seine Stimme lässt er betont anrüchig klingen, und das, obwohl sein Gesang weitaus besser ohne die Cooler-Typ-Attitude auskommen würde. Bottler verspielt damit einiges an Charisma, für das er sich vermutlich nicht einmal besonders hätte anstrengen müssen. Das eigentliche Problem von "Lieder für die Autobahn" liegt aber woanders: Die Versatzstücke aus gut gemachten Pop-Songs und Fließbandware aus dem EDM-Bereich gehen nicht zusammen, sie stoßen aneinander wie zwei Seiten von zwei Medaillen, denen der gemeinsame Ankerpunkt fehlt.

So lauscht man sicheren Hits wie "Shawney", "Geld" oder "Wo ist der Punk", deren Frische bestechend wie mitreißend wirkt, und mag kaum glauben, dass es sich um dieselbe Band handelt, die einen Song wie "Fiebertraum" fabriziert. Freuen kann man sich hier höchstens als reisebloggender Vorzeigeindividualist, dem die Freiheit aus allen Poren trieft. Auch "Mach mich high" ruft Kopfschütteln hervor. "Baby, mach mich high", singt Bottler titelgemäß im misslungenen Chorus und klingt dabei wie ein Sechzehnjähriger nach dem dritten Wodka-Energy-Mischgetränk. Vor allem beim Disco-Überhit "Ketten" möchte man der Band "Warum nicht immer so?" zurufen. "Mach die Fehler deiner Jugend / Verschwende dich selbst“, lautet das vorgebene Mantra. Der gleichmäßig treibende Beat hält dazu an, die Band beim Wort zu nehmen.

Auch die gelungenen Songs des Albums erfinden das Pop-Rad nicht neu, doch verpackt die Band bekannte Akkordfolgen so, dass sie vertraut, aber nicht verbraucht begegnen. Dazwischen greifen Exclusive leider zu regelmäßig zur musikalischen Fertigpizza, was schade ist, denn ihr Sound zwischen Synth-Pop, Indie und Electro ist im deutschsprachigen Raum noch relativ unerschlossen. Wäre Lieder für die Autobahn 30 statt 53 Minuten lang und dafür um 4 bis 5 Songs kürzer, hätte das Album ein richtig gutes werden können. So reicht es leider nur für den gehobenen Durchschnitt mit einigen erstklassigen Songs.

(Katharina Bruckschwaiger)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ketten
  • Shawney
  • Geld

Tracklist

  1. All
  2. Repeat infinite I
  3. Morgentau
  4. Autoscooter
  5. Shawney
  6. Classics
  7. Ozeanblau
  8. Ketten
  9. Melodie
  10. Oslo
  11. Repeat infinite II
  12. Mach mich high
  13. Geld
  14. Mailbox
  15. Karma
  16. Fiebertraum
  17. Extrem
  18. Repeat infinite III
  19. Wo ist der Punk
Gesamtspielzeit: 53:28 min

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Armin

2019-05-09 20:39:02- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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