Drugdealer - Raw honey

Mexican Summer / Al!ve
VÖ: 26.04.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

In den Siebzigern fängt das Leben an

So ist's recht: Ab ins Auto, Tape einlegen und los geht's. Bloß das Anschnallen nicht vergessen, und bei der Automatik noch schnell den Hebel vorm Starten in die Parkposition stellen, was man eigentlich vorher hätte machen sollen. Dann hört auch das Warnsignal des Autos ganz schnell auf. Und los geht's wirklich! Wohin? Mehrere Möglichkeiten gibt es, geradeaus, vorne an der Kreuzung links, zum Supermarkt oder mal eben in die Parkstraße, um die ganzen Villen der Neureichen anzuglotzen. Im Fall von Michael Collins alias Drugdealer und dessen Wunderkarre namens "Raw honey" gibt es jedoch nur eine Richtung – zurück, in die Vergangenheit. Das deutet das Vorhandensein eines Kassettendecks ja eigentlich schon im Vorfeld an, dessen leises Klicken nach dem Einsteigen in den ersten paar Sekunden des Albums ertönt.

"Raw honey", viel weniger wirkliches Auto als waschechter Nachfolger von Collins' Drugdealer-Debüt "The end of comedy", löst das Versprechen seiner großen Schwester ohne Umwege ein. Dass er erwachsen geworden sei und seinen Weg gefunden hätte, lautete der Tenor der damaligen Rezension, der sich drei Jahre später nur noch weiter verstärkt. Dass Collins sich mit Blümchenkette um den Hals offenbar am wohlsten in seiner Haut fühlt, wusste man schon länger. Dass es bei ihm kein Schwarz oder Weiß gibt, sondern allenfalls Neonpink oder Knallgelb, verdeutlicht "Raw honey" nun noch mehr – und so verwundert es nach kurzer Studie kaum, dass die Fahrt, die zu Beginn des psychedelischen und ganz sicher bierernst gemeinten Openers "You've got to be kidding" startet, in ein halluzinogenes Allerlei führt. Das Ziel ist noch ungewiss? Dann auf jeden Fall auf zum Atem.

So schräg sich das alles anhören mag, so ernsthaft verfolgt Collins seine Mischung aus Sechzigerjahre-Pop und Siebzigerjahre-Folk tatsächlich auch. Da ist nicht nur was für die heutige Generation, sondern auch etwas für Papa und Oma dabei. Auf tatkräftige Unterstützung kann der Gute ebenso bauen: Seine Busenfreundin Natalia Mering alias Weyes Blood, die selbst erst kurz vorher mit ihrem dritten Album "Titanic rising" gut vorgelegt hat, verschönert das lieblich groovende "Honey", das dazu mit astreiner "Freebird"-Gitarrenleistung um die Ecke kommt. Währenddessen gewinnt der gelungene Sommer-Pop von "Lonely" mit Harley Hill-Richmond von Harley And The Hummingbirds nicht nur ein weiteres Blumenkind, sondern einen echten Kumpel in schwierigen, einsamen Zeiten. Was braucht man mehr?

Egal, was es ist, "Raw honey" zieht es aus seinem imaginären Zauberhut. "If you don't know now, you never will" hüllt die Welt in rosafarbene Schleier und braucht zwar eine satte Minute, um aus dem mit Zucker angereicherten Quark zu kommen, überzeugt dann aber nicht nur dank seiner himmlischen Streicher und seines Harmoniegesangs umso doller. "London nightmare" ist natürlich alles andere als ein Albtraum, sondern vielmehr eine rumpelig-schunkelige Tag-Fantasie mit den Beatles in der Hauptrolle. Die entführten die Hörerschaft auch schon auf "The end of comedy" mit ihrem Yellow Submarine, das hier von der grünen Wiese von Sgt. Pepper ersetzt wird. Alle bewegen sich frei und fröhlich, tanzen zu "Lost in my dream", springen durch die Gegend, schwelgen nur Minuten später mit "Wild motion" im Melodrama und freuen sich trotzdem ihres Lebens. Klingt zu blumig? Aber sicher. Immerhin: Hier verheddern sich allerhöchstens Blümchenketten, keine Kassettenbänder.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Honey (feat. Weyes Blood)
  • Lost in my dream
  • If you don't know now, you never will

Tracklist

  1. You've got to be kidding
  2. Honey (feat. Weyes Blood)
  3. Lonely (feat. Harley And The Hummingbirds)
  4. Lost in my dream
  5. Fools
  6. If you don't know now, you never will
  7. Wild motion
  8. London nightmare
  9. Ending on a hi note
Gesamtspielzeit: 35:59 min

Im Forum kommentieren

hallogallo

2019-04-26 10:16:14

7/10 passt.

Armin

2019-04-25 20:37:55- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

By the Way

2019-04-22 16:37:58

Cool das Weyes Blood auch wieder mit dabei ist.

hallogallo

2019-04-22 15:58:43

Dieses grandiose Feelgood Psychedelic Pop/Rock-Album wird hier hoffentlich noch rezensiert.

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