Lamb - The secret of letting go

Cooking Vinyl / Sony
VÖ: 26.04.2019
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Graue Stiltheorie

Wie sich die Bilder gleichen. Nicht. Musizieren Lou Rhodes und Andy Barlow nämlich nicht zusammen als Lamb, gehen die zwei Briten ziemlich unterschiedliche Wege. Während sich Rhodes auf ihre Farm in Surrey zurückzog und das folkig-pittoreske Soloalbum "Theyesandeye" einspielte, kam es für Barlow ein paar Nummern größer: Ausgerechnet U2 engagierten ihn für "Songs of experience" als Co-Produzenten, womit der Elektroniker sich plötzlich in einem riesigen Pop-Kosmos wiederfand. Ländliche Idylle und versonnenes Gezupfe hier, Stadien, große Welt und Schampus mit Lachsfisch dort – und irgendwo in der Mitte das sporadisch aktive Duo, das es sich zuletzt auf "5" und "Backspace unwind" in dem Eckchen gemütlich gemacht hatte, das die unstete Trend-Maschinerie vom einst hippen TripHop-Genre übriggelassen hat.

Ein Begriff, den Lamb vermutlich nicht gerne hören – zumal sie dank Rhodes' traumwandlerischem Gesang und Barlows zuweilen ungemütlich knarzenden Maschinen stets das Spannungsfeld zwischen seliger Umnachtung und subtiler Aggressivität besetzten, statt sich mit dem Lounge-Downbeat der Kollegen aus Bristol zufriedenzugeben. Und sobald Stücke wie die überirdisch strahlende Ballade "Gabriel" oder der verschachtelte Monster-Groover "We fall in love" ins Spiel kamen, war ohnehin alle Stiltheorie grau. Gegen solche filigranen Meisterleistungen muss ein Song wie "Moonshine" wie eine Skizze wirken: Beats, Handclaps und Subbässe schwirren verhuscht durch den Raum, und Rhodes duettiert sich sirrend mit dem irischen Ragga-MC Cian Finn, nachdem der Opener "Phosphorus" noch meditatives Brimborium vorschützte. Nein, Lamb geben keine Ruhe.

"The secret of letting go" läuft also gewollt unrund – nicht zuletzt, weil Rhodes und Barlow sich der inneren Mitte zu verwehren scheinen, die der vergeistigte Albumtitel suggeriert. Entblättert sich die Single "Armageddon waits" allmählich zu einem so explosiven wie mitreißenden Popsong mit immer massiver auftrumpfenden Orchester-Parts, dauert es nicht lange, bis "Bulletproof" die Breakbeats störrisch gegen den Strich bürstet und das Titelstück fragmentierte Electronica sprotzen lässt, derweil die Sängerin Schlichtes zur Kunst des Loslassens spricht: "The secret of letting go is forgetting to hold on." Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass dieser knochentrockene, desillusionierte Track zu einer Zeit entstand, als die endgültige Auflösung einmal mehr so gut wie beschlossene Sache war. Wenn Lamb kämpfen, dann eben meistens mit sich selbst.

Davon, dass sich die beiden nach einem Eimer Gurkentee wieder zusammengerauft haben, zeugt vor allem die kontemplativere Stimmung von "Imperial measures" und "The other shore" – auch wenn hinterher wohl kaum jemand fragen wird, wie das noch gleich im Mittelteil war. "Deep delirium" kommt trotzdem nicht in die Tüte – erst recht nicht im gleichnamigen Instrumental, das fiebrige Jazz-Synkopen und Stichflammen aus der Trompete vor sich herkickt, ehe "Illumina" Drum'n'Bass-Geklacker und dräuende Synthie-Wolken zu einem infektiösen Trip verschweißt und sich "One hand clapping" liebenswert hymnisch verabschiedet. Wer dazu noch TripHop sagt, ist nicht nur circa 20 Jahre zu spät dran, sondern verkennt auch die Qualitäten eines reizvoll morphenden Albums, dem ein paar Schwachpunkte nicht allzu viel anhaben können. Niemals geht man so ganz.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Armageddon waits
  • Illumina
  • One hand clapping

Tracklist

  1. Phosphorus
  2. Moonshine
  3. Armageddon waits
  4. Bulletproof
  5. The secret of letting go
  6. Imperial measures
  7. The other shore
  8. Deep delirium
  9. Illumina
  10. Silence inbetween
  11. One hand clapping
Gesamtspielzeit: 41:41 min

Im Forum kommentieren

Armin

2019-04-18 20:58:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2019-03-14 18:30:40- Newsbeitrag

ultraschlecht

2019-01-24 20:30:27

heutzutage kommt wohl kein Song mehr ohne "ohowooow" aus....

Armin

2019-01-23 11:15:23- Newsbeitrag

LAMB [UK]

+++ neuer Song "Armageddon Waits" des britischen Duo

+++ das Album "The Secret Of Letting Go" erscheint am 26.04.

+++ Für Freunde von: Portishead, Archive, Unkle





Das britische Electronica-Trip-Hop Duo Lamb hatn erste Details zu ihrem siebten Studioalbum "The Secret of Letting Go" angekündigt, das am 26. April 2019 auf Cooking Vinyl erscheinen soll.

Die brodelnde, dringliche Single "Armageddon Waits" ist ab heute überall online verfügbar: https://lamb.lnk.to/AWpr











„The Secret of Letting Go“ handelt vom Raum zwischen den Klängen. Von den minimalistischen Harmonien des Album-Opener „Phosphorus“ bis hin zu den eklektischen Chorklängen bei „One Hand Clapping“. Durch die sich schlängelnden Sub-Bass-Drops, die den Titeltrack „The Secret Of Letting Go“ und „Moonshine“ antreiben, bis hin zu wirbelnden Spins von „Deep Delirium“ und den simplen, aber dennoch einprägsamen Piano-Loops, die „Imperial Measures“ über Ihnen schweben lassen, gibt es weitreichende Klangräume. Manchmal erinnert es an sonnenüberflutete Horizonte; manchmal ist es kontemplativ, reflektierend; manchmal ist der Raum juckend und vorausschauend und zeigt auf Momente ekstatischer Verlassenheit. Während der gesamten Aufnahme ist es jedoch der freie Raum, der es Lou Rhodes' überirdisch erscheinender Stimme ermöglicht, zu gleiten und glorreich aufzusteigen, um die Stille dazwischen zu überbrücken. All dies zusammen macht "The Secret of Letting Go" zu einer so überzeugenden Rückkehr des britischen Duos.

Tracklist:

1. Phosphorous
2. Moonshine
3. Armageddon Waits
4. Bulletproof
5. The Secret of Letting Go
6. Imperial Measures
7. The Other Shore
8. Deep Delirium
9. Illumina
10. The Silence In Between
11. One Hand Clapping

Lamb sind Lou Rhodes und Andy Barlow. Ursprünglich Mitte der 90er Jahre in Manchester gegründet, verschmolzen sie im Laufe eines Jahrzehnt mehrere elektronische Musikstile mit Rhodes' wunderschönem, fesselndem Gesang. Während einer mehrjährigen Pause veröffentlichte Rhodes' eine Handvoll gefeierter Soloalben und Barlow produzierte andere Künstler. Zu ihrer Reunion 2014 haben Lamb Album „Backspace Unwind“ veröffentlicht und spielten ein Tour zum 21. Jubiläum ihres als Klassiker geltendes, selbstbetiteltes Debütalbum.

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  • Lamb (32 Beiträge / Letzter am 10.03.2018 - 21:06 Uhr)