Ritual Howls - Rendered armor
Felte / CargoVÖ: 22.03.2019
Drei glorreiche Halunken
"Macht Euren Kram doch alleine!" Diese oder ähnlich unsachte Worte könnten gefallen sein, als Ritual Howls ihr erstes Label Urinal Cake zugunsten der Renommieradresse Felte Records verließen, wo das Trio aus Michigan inzwischen inklusive "Rendered armor" drei Alben veröffentlicht hat. Wer nun wen mit dem eingangs zitierten Ausruf bedacht hat? Gute Frage, doch falls er der Band gegolten haben sollte, wird das Paul Bancell und seinen zwei Mitmusikern kaum schlaflose Nächte bereitet haben. Allein auf weiter Flur zwischen ihren ungefähren Genrekollegen standen Ritual Howls mit der eigentümlichen Mischung aus kaltgepressten elektronischen Rhythmen, gotisch brummelnder Post-Punk-Verweserei und Spaghetti-Western-Atmosphäre nämlich schon immer. Oder hat man je Ennio Morricone gesehen, wie er in einer Schwarzlicht-Disco unter dem Stroboskop zu Joy Division zuckte? Na also. Und wenn doch, kann man sich das akustisch in etwa vorstellen wie den vierten Longplayer der Detroiter. Der Finstere ist am mächtigsten allein.
Vor allem in Stücken wie dem sich zwischen einsam verhallenden Twangs und tonlosen Akustikgitarren hindurchschlängelnden Opener "Alone together" oder "The offering", das sich ein ausgedehntes Swamp-Intro gönnt, bevor der Song schließlich an einem aus Maschinenrhythmen, sirrenden Keyboards und swingenden Riffs hochgezogenen Galgen baumelt. Und während die Geier schon warten, wird klar, dass Ritual Howls ihr Gespür für den langen, dunklen Wüstenritt der Seele seit "Turkish leather" und "Into the water" endgültig perfektioniert haben. Besonders unbarmherzig knallt die Neonsonne von "Rendered armor" auf die karg-minimalistische Ödnis des bis ans Herz kühlen "Mother of the dead" hinab, dessen Licks zu rigidem Bass-Beatbox-Doppel ähnlich selbstvergessen vom düsteren Firmament tropfen wie einst in "Final service". Vielleicht das Stück, das am deutlichsten davon Zeugnis ablegt, dass das Trio im Proberaum Tür an Tür mit einer HipHop-Band musiziert – und ein fatalistischer Groover vor dem Herrn der Fliegen.
Dass Bancells pastorales Organ auch hier ungerührt über den gnadenlos einsaugenden Songs thront, versteht sich von selbst – und heißt es in "Love cuts" einmal "We are chronic romantics", dauert es nicht lange, bis synthetische Laser-Kaskaden und kreischende Leads dieses Geständnis ungnädig niedermähen. Schon passender: die Bilder von verdorrten Rosen und vor Drecksbrühe überlaufenden Kanalisationen, die "Devoured decency" heraufbeschwört, während der Frontmann "the corpses have poisoned the river" barmt – wohl bekomm's. Mit "I can hear your tears" hat dieses Album gar einen aufs Allernötigste runtergehungerten Dance-Track zu bieten, der dem Heuler "Park around the corner" ohne weiteres das Brackwasser reichen kann. Und wenn "All I've known" schießlich kurz kalt lächelnd The Cures "A forest" zunickt, weiß man längst: Diese drei glorreichen Halunken sind optimal gerüstet, wenn die nächste große Dürre kommt. Denn "Rendered armor" präpariert Knochen besser als der beste Forensiker.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Alone together
- The offering
- I can hear your tears
Tracklist
- Alone together
- Mother of the dead
- Love cuts
- The offering
- Devoured decency
- I can hear your tears
- Thought talk
- All I've known
Im Forum kommentieren
MM13
2019-05-30 19:48:15
ich bin so drauf gekommen,und bin total begeistert.so hab ich schon öfters mal ein paar perlen entdeckt,also danke pt.
Matzo
2019-05-30 18:06:51
Sehr anschaulich geschrieben. Hätte ich das Album nicht schon gekannt, wäre ich nach diesem Beitrag auf jeden Fall auf den Geschmack gekommen. Weiter so!
Die bessere Meinung
2019-04-12 18:35:12
Finde ja gerade dass das erste Stück der schwächste Song der Platte ist.
Meine Meinung
2019-04-12 16:38:58
Gehr klar, besonders das erste Stück.
..
2019-04-11 21:10:27
-- sag mal..
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