The Kiez - Hi, we are The Kiez

Warner
VÖ: 19.04.2019
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Transatlantisch

Man kann noch so sehr über das Internet wüten und den alten Tagen nachtrauern, als man noch nicht alles googeln konnte, nicht einfach spontan Termine absagen konnte und das Leben sich insgesamt weniger im virtuellen Raum abspielte. Man muss aber auch immer wieder über all die Möglichkeiten staunen, die das World Wide Web bietet. So kann zum Beispiel der schüchterne Songwriter von nebenan, der sich nicht auf die Bühne wagt, seine Songs dank Plattformen wie Soundcloud mit der ganzen Welt teilen. Noch beeindruckender: Musiker können neuerdings Alben schreiben, obwohl sie auf verschiedenen Kontinenten leben. The Kiez haben genau das gemacht.

Der Hamburger Lucas Kochbeck und Eli Mardock aus Nebraska, Ex-Frontmann von Eagle Seagull, schickten sich ihre Song-Ideen quer über den Atlantik, nachdem sie von gemeinsamen Freunden bekanntgemacht worden waren. Die fertigen Songs nahmen sie dann in Hamburg auf und nach der Debüt-EP aus dem Jahr 2018 steht mit "Hi, we are the Kiez" nun der erste Longplayer in den Startlöchern. Was die Band selber als Garage Rock bezeichnet, ist eine launige Mischung aus den Black Keys der "Brothers"-Ära, Spoon, The Killers und Franz Ferdinand.

Schon der Opener "Ghost" wirkt vor allem wegen einer prägnanten, gepfiffenen Melodie wie der kleine Pop-Bruder von The Black Keys' "Tighten up". Das Stück ist wie alle anderen wahnsinnig dicht instrumentiert, mit Synthies und Klavier, die im Hintergrund die Klangräume schließen. "Shut your mouth" klingt dafür mit seinem schrammeligen Gitarren-Riff mehr nach Franz Ferdinand und stolpert gegen Ende in ein spaßiges 80er-Synthie-Pop-Outro. "I wanna go home / I wanna go to where it started" singt Mardock in "Stay friends", wo der Sänger eine Trennung und den Wunsch verhandelt, danach befreundet zu bleiben. So weit, so gut und oft genug gehört, aber The Kiez machen daraus einen bestens aufgelegten Ohrwurm, wie ihn vielleicht nur eine transatlantische Songwriting-Session hervorbringen kann.

Produzent Marcus Brosch hat den Sound von The Kiez wunderbar aufpoliert und die kernigen Rock-Elemente gekonnt in ein Pop-Gewand gehüllt. Rotzige Fuzz-Gitarren und krachendes, Becken-lastiges Spiel werden blitzsauber in den Klangrahmen eingepflegt. Mardocks angezerrter Gesang gibt sein Übriges, um die meisten Tracks zu Ohrwürmern zu erheben. Lediglich im letzten Viertel lässt "Hi, we are The Kiez" etwas nach, da dem Hörer da bereits alles bekannt vorkommt. Das schnulzige "What you need", das stark an Lenny Kravitz erinnert, will sich zudem nicht recht in den Album-Kontext einfügen.

Bei all den im Hintergrund dudelnden Gitarren, Synthies und sonstigen Instrumenten fragt man sich zwar, wie das Duo die Tracks auf die Bühne bringen will, aber auf der Platte zahlen sich die kleinen Einfälle allemal aus. "Cool" baut auf einem bluesigen Basslauf und einzelnen abgehackten Akkorden auf, denen die Musiker dann im Refrain ein hübsches Riff zur Seite stellen. "Just wait" ist dagegen ziemlich straighter Indie-Rock, der auch auf Spoons "Hot thoughts" hätte auftauchen können. Ein neues Fass macht "Hi, we are The Kiez" also nicht auf, verbreitet dafür aber viel gute Laune. Das Internet macht's möglich.

(Simon Conrads)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ghost
  • Stay friends
  • Cool
  • Love is a good drug

Tracklist

  1. Ghost
  2. I wanna be good
  3. Shut your mouth
  4. Lover
  5. Stay friends
  6. Cool
  7. Big bang
  8. We play
  9. Love is a good drug
  10. Just wait
  11. Wrong right
  12. What you need
  13. My friend
Gesamtspielzeit: 42:14 min

Im Forum kommentieren

tjsifi

2019-04-17 15:46:50

Besser als ich erwartet hätte.

zu faul sich einzuloggen

2019-04-11 14:25:46

Ok, die Referenzen klingen spannend. Da hör ich mal rein.

Armin

2019-04-11 12:13:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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