Priests - The seduction of Kansas

Sister Polygon / Cargo
VÖ: 05.04.2019
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Verführt

Mit der zunehmenden Unübersichtlichkeit der Musiklandschaft fällt es immer schwerer neue Bands unter irgendeinem Oberbegriff zusammenzufassen. Wenn man angesichts junger Gruppen mit DIY-Ethos – Idles, Shame, Preoccupations oder Protomartyr – trotzdem von so etwas wie dem "zweiten Post-Punk-Revival" sprechen möchte, dann gehören Priests mit Sicherheit in die erste Reihe dieser Bewegung. Ihr zwei Jahre altes "Debüt" war eine sehr gelungene Hommage, mit genug eigener Identität. In erster Linie durch Katie Alice Greers wütende Texte und G.L. Jaguars stilvolle Gitarren. Sofern das über ein Post-Punk-Release im Jahr 2019 überhaupt gesagt werden kann, gibt es also schon eine gewisse Erwartungshaltung vor diesem zweiten Album.

Eine Erwartungshaltung, die von dem selbstbewussten Quartett aus Washington D.C. durchaus gewollt ist. Größere Hooks, mehr Pop-Sensibilität und der elektronische Einfluss von Alben von Portishead und Nine Inch Nails wurden angekündigt. Im Weißen Haus, welches dem Bandzuhause benachbart ist, wird trotzdem keines der neuen Lieder laufen, dafür sorgen die politischen Kommentare schon. Etwa im Refrain des Titelsongs, wo man Greers Mantra "I'm the one who loves you" wohl als Verkörperung der rechten Lügner auf der Suche nach Unterstützern interpretieren kann, und in dem auch noch ganz konkrete Namen genannt werden. Aber man versteht schon, was die Band mit der Ankündigung meint, wenn einen das groovige Mid-Tempo des Titelsongs an so etwas wie die Priests-Version eines James-Bond-Soundtrack denken lässt. Und das folgende "Youtube Sartre" ist durch Greers hymnischen Gesang schon Dreampop mit einer Portion Noise.

In diesen ausgewählten Beispielen funktioniert das Austauschen der Stakkato-Post-Punk-Gitarren durch einen helleren und halligeren Sound noch gut. Aber spätestens ab der Mitte des Albums vermisst man dann doch die komprimierte Attacke und die versteckten Ohrwürmer des ersten Albums, vor allem in der fünfminütigen Ballade "Not perceived". Am Ende ist "The seduction of Kansas" gut zehn Minuten länger als das kompakte Debüt. Aber leider bewirkt das eher den Verlust eines homogenen Sounds, anstatt Freude angesichts noch mehr Musik. Veränderung ist trotzdem prinzipiell besser als Stillstand und ein paar tolle Songs sind auf dem Album ja schon drauf. Der allerletzte zum Beispiel – "Texas instruments" –, der zeigt, dass Priests schon so groß klingen können, wie sie es auf "The seduction of Kansas" wollen. Das Lied vermittelt genau diese abgeschlossene, nachdenkliche Stimmung eines guten Album-Closers, die Gitarren erinnern an Sonic Youth und Greers Gesang klingt einfach episch. Nur leider kann das vorher Gehörte dem oft nicht ganz das Wasser reichen.

(Theo Flint)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The seduction of Kansas
  • Texas instruments

Tracklist

  1. Jesus son
  2. The seduction of Kansas
  3. Youtube Sartre
  4. I'm clean
  5. Ice cream
  6. Good time Charlie
  7. 68 screen
  8. Not perceived
  9. Control freak
  10. Carol
  11. Interlude: I dream this dream in which my body is my own
  12. Texas instruments
Gesamtspielzeit: 42:38 min

Im Forum kommentieren

saihttam

2022-10-26 23:49:00

Dafür ist dieses Jahr das Debütalbum Barbarism von Katie Alice Greer, der Sängerin der Band, erschienen. Kann aber selbst nicht viel darüber sagen, da ichs auch noch nicht richtig gehört habe.

Deaf

2022-10-26 19:24:42

Hatte mich gerade gefragt, ob da mal was Neues kommt und dann festgestellt, dass die bereits im Dezember 2019 eine undefinierte Auszeit kommuniziert haben... Dabei hatte ich die noch im Oktober 2019 live gesehen.

Armin

2019-04-04 20:28:55- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

saihttam

2019-01-17 02:20:21

Das ist natürlich schade. Wusste ich noch nicht.
Dem neuen Song fehlt tatsächlich ein wenig die Spritzigkeit.

leider

2019-01-17 01:53:48

ist ja der Bassist ausgestiegen und singt bzw. spielt jetzt Gitarre bei Flasher.
Vl klingt auch deswegen der neue Song ziemlich belanglos.

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