These New Puritans - Inside the rose

Infectious / BMG / Warner
VÖ: 22.03.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Ballad school

Die Welt hat sich verändert. 2013 noch konnte Kollegin Depner für ihre Rezension zu "Field of reeds" einen Kommentar aus der last.fm-Shoutbox als Aufhänger nutzen. Versucht man nun ähnliches mit den vorab veröffentlichten Songs des Nachfolgers "Inside the rose", blickt man fast nur in gähnende Leere. Womöglich, weil besagte Website den Zenit ihrer Relevanz einfach schon längst überschritten hat – Moment, soll das gerade eine böse Überleitung zum aktuellen Zustand von These New Puritans werden? Keineswegs, denn auch 2019 hat die mittlerweile zum Duo geschrumpfte Band noch immer genug zu sagen. Das wird allein daran schon deutlich, dass das damalige last.fm-Adjektiv "unsettling" nicht mehr wirklich als die am nächsten liegende Ein-Wort-Beschreibung taugt. Zwar lassen sich der bedrohliche Unterton und eine zeitweilige Widerspenstigkeit auch auf "Inside the rose" nicht leugnen, doch kosten die Zwillingsbrüder Jack und George Barnett die Schönheit der einfachen Melodie noch ein bisschen mehr als sonst aus. Wer hätte beim wilden New-Rave-Debüt "Beat pyramid" schon gedacht, dass These New Puritans mal ein Album um eine Ballade herum bauen werden, die Jacks eigener Aussage nach an den Piano-Klassiker "Send in the clowns" erinnert?

Die Versatzstücke unterscheiden sich nicht wesentlich von ""Field of reeds", die Barnett-Brüder setzen noch immer auf ihre Mischung aus klassischen Arrangements und elektronischem Art-Rock mit Industrial-Ästhetik. Ihre Songs winden sich weiterhin so resolut, dass sie sich ohne ein hohes Maß an Aufmerksamkeit nie ganz packen lassen, doch als Belohnung haben These New Puritans ein wenig aufwühlendes, teilweise gar beruhigendes Album parat. Am zugänglichsten und schönsten gibt sich die bereits erwähnte zentrale Ballade "Where the trees are on fire": Fast drei Minuten lang schlummert sie auf einem Himmelbett aus Bläsern, Glockenspiel und Klavier, über dem Jacks Stimme besser als jedes Sedativ wirkt. Doch irgendetwas stört schon von Beginn an den Schlaf und bricht sich in einem unerwartet lauten Schlagzeug-Unwetter schließlich vollends Bahn, bis es sich doch nur als böser Traum entpuppt – nach dessen Überwindung versinkt alles wieder in der Meditation und schließlich der totalen Stille. Eine phänomenale Dramatik und das beste Stück der Platte, weil es die perfekte Balance zwischen An- und Entspannung findet.

Vom großen Drama lebte zuvor auch schon der Opener "Infinity vibraphones", der "Inside the rose" mit vermeintlich standesgemäßen Worten eröffnet: "Let's go back to the underworld / Let's go back inside." Allerdings schummelt diese um eine Metallophon-Melodie mäandernde Höllenfahrt auch ein bisschen, gönnt sich wohlklingende Ausflüge ein paar Etagen weiter nach oben in Form von Frauenstimmen und Traum-Piano. "Beyond black suns" kombiniert indes die mechanisch-kühlsten Momente der Platte mit ihrem süßesten Refrain und Operngesang, während der Sechsminüter "A-R-P" ein weiteres Meisterstück der Spannung darstellt: Mit flächigen Synthies und Streichern im Bereich cineastischer Soundtracks beginnend schwebt zuweilen sogar der Geist von Talk Talk im Raum, bis der Song in fiebriger Polyrhythmik zu einer überraschend treibenden Coda zusammenläuft. Dass "Inside the rose" manchmal, etwa im gitarren-geprägten "Anti-gravity", etwas zu sehr auf der Stelle tritt, fällt nicht groß negativ ins Gewicht, ist der neuen Unaufgeregtheit sogar irgendwie recht zuträglich. Die Nutzerzahlen von sozialen Musik-Netzwerken sind nicht das Einzige, was sich in den letzten Jahren verändert hat – die Entwicklung von These New Puritans dürfte allerdings doch weniger drastisch ausgefallen sein.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Beyond black suns
  • Where the trees are on fire
  • A-R-P

Tracklist

  1. Infinity vibraphones
  2. Anti-gravity
  3. Beyond black suns
  4. Inside the rose
  5. Where the trees are on fire
  6. Into the fire
  7. Lost angel
  8. A-R-P
  9. Six
Gesamtspielzeit: 40:01 min

Im Forum kommentieren

saihttam

2019-10-22 23:48:25

Ich finde es auch ziemlich gut. Sehr eigener Klangkosmos mit dichter Atmosphäre aber auch durchweg tollen Songs, dazu noch eine gute Mischung zwischen ruhigeren und treibenderen Passagen. Top 10 für die Endjahresabrechnung könnte drin sein.

Klaus

2019-10-21 23:21:30

Hätte man auch eine 9/10 geben können. Ganz starkes Album!

AVMsterdam

2019-04-11 18:27:35

Sehr gut!

Armin

2019-03-14 20:21:14- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Old Nobody

2019-03-14 20:03:58- Newsbeitrag

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