
First Breath After Coma - Nu
Radicalis / SoulfoodVÖ: 01.03.2019
Eine halbe Stunde fliegen
Zu dieser Rezension gehört eine kleine Anekdote: 2016, Hamburger Reeperbahn Festival und in einem kleinen, sehr dunklen Club sitzt eine schlecht gelaunte Musikrezensentin, die nicht so genau weiß, was gleich auf der Bühne passieren wird. Auftritt: First Breath After Coma. Und für eine halbe Stunde ist jegliche schlechte Laune vergessen. Und genau das ist das Besondere an dieser Band. In wenigen Sekunden können sie ein ganz eigenes Musikuniversum kreieren, in das man sich voll und ganz fallen lassen kann und vor allen Dingen auch will, weil alles in diesem Kosmos einfach wunderschön ist.
Auf ihrem zweiten Album gehen die fünf Portugiesen noch einen Schritt weiter und entwickelten acht Songs, die man als Szenen eines Films verstehen kann, "Nu" muss man also am Stück hören. Es ist damit, und das war der Hintergedanke dieses Konzeptes, ungeeignet für schnelllebige Streaming-Plattformen. Schon mit dem Einstiegssong "The upsetters" wird die Stimmung festgelegt. Leichtigkeit mit einem Hauch Melancholie, die vor allem in den Momenten herausbricht, in denen sich Melodie und Stimme zu einem epischen Höhepunkt steigern. Ständig variierende, elektronische Klänge sorgen für Abwechslungsreichtum, tauchen ab und an späteren Stellen wieder auf. In jedem Stück entstehen dichte Klangbilder, die zeigen, wie viel hier ausprobiert und experimentiert wurde, um auf "Nu" etwas wirklich Neues bieten zu können. Und tatsächlich funktioniert es. Irgendwo mitten in diesem musikalischen Film einfach abzubrechen, würde sich falsch anfühlen. Dafür ist alles, was hier passiert, zu spannend und zu mitreißend. Eben wieder ein eigenes Universum, das man schon ganz durchqueren muss, um wieder hinauszufinden.
"Nu" bedeutet nackt. Und auch dieser Aspekt findet sich im Album wieder. Trotz der oft verzerrten Stimme, den vielen elektronischen Klängen, sieht man beim Hören Menschen vor sich, die sich etwas von der Seele reden müssen und im Laufe der Songs immer verletzlicher werden. Wie bei "Howling for a chance", das mit der schon gewohnten Leichtigkeit anfängt, sich zunehmend verdichtet, bis dieser Klangteppich gegen Ende fast völlig aufgelöst wird und eine Stimme schließlich in die Stille schreit: "Goddamn, I fucking love you" – ein nacktes, ehrliches Geständnis, das sich aus dem Song geschält hat und den Hörer nochmal so richtig umhaut. "Nu" ist mindestens so packend ein Film, mit dem Vorteil, dass man dieses Werk hier mit nach draußen nehmen kann und dabei das First-Breath-After-Coma-Musikuniversum betritt. So fühlt sich Spazierengehen für eine halbe Stunde ein bisschen an wie Fliegen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Change
- Howling for a chance
Tracklist
- The upsetters
- Please, don't leave
- Change
- Howling for a chance
- Feathers and wax
- Uneasy
- Heavy
- I don't want nobody
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Pivo
2019-03-01 11:55:53
Die Referenzen wurden wahrscheinlich, wie schon öfter festgestellt, mit Copy/Paste vom Vorgängeralbum übernommen ("Drifter" konnte schon ein wenig mehr Ähnlichkeiten auch mit Sigur Ros aufweisen). Bei den neuen Songs konnte ich bisher auch nur bedingt diese Zuordnungen verstehen. Vielleicht bezieht man sich dabei auf des schwelgerische und die Leichtigkeit sich in der Musik zu verlieren, man weiß es nicht. Dies kann man dann natürlich auch über 1000 HipHop-Scheiben schreiben, wenn es dem dieser Musikrichtung zugeneigtem Fan dabei ähnlich geht wie beim Wohlklang von bspw. SigurRos. Von daher bin ich eher bei "Cargo" und verstehe die Referenzen auch nur zum Teil........
Unabhängig davon finde ich die ersten hörbaren Songs sehr gut und bestelle das Album.
cargo
2019-03-01 09:17:51
Die Referenzen zu der Platte sind ein Fehler oder? Das klingt doch nicht mal im entferntesten nach Bands wie This Will Destroy You oder Sigur Ros :D
Armin
2019-02-28 20:22:32- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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Referenzen
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