Die Heiterkeit - Was passiert ist

Buback / Indigo
VÖ: 01.03.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wolkenverhangen

Das letzte Album der Heiterkeit war eine, vielleicht sogar die positive Überraschung des Popjahres 2016: Ein verschmitztes, tiefsinniges, musikalisch hochinteressantes Doppelalbum, das mit einer bleischweren Leichtigkeit über Abgründe und Höhenflüge berichtete. Letztes Jahr dann wagte Stella Sommer, Frontfrau der Gruppe, den ersten Soloausflug mit "13 kinds of happiness", ein gelungener Versuch, dem nur an gewissen Stellen ein wenig die nötige Wärme fehlte. Auf der neuen Platte der Heiterkeit kehrt sie indes wieder zurück: Hier vereint die aus Hamburg stammende Band eingängie Pop-Melodien mit einer sinisteren, aber dennoch optimistischen Grundstimmung und sehnsuchtsvollen Texten. Und das Thermometer steigt gar in frühlingshafte Höhen.

Nach den ersten Eindrücken fällt vor allem auf, dass Die Heiterkeit auf ihrem vierten Album verstärkt auf Piano, Keyboards und Synthies setzen, Gitarre und Bass in der natürlich Rangordnung sich oftmals unterordnen müssen. Neo-Klassik, Wave und Dreampop spielen nun eine weitaus größere Rolle, es rumpelt weniger, dafür fließen die Kompositionen mehr dahin. Dadurch erhalten einige Stücke eine elegante Achtziger-Blässe. Man könnte "Was passiert ist" also als eine melodieverliebte Gothpop-Platte bezeichnen. Von gruftiger Muffigkeit natürlich keine Spur, dafür schweben die Songs zu wolkig dahin, der Grundton indes bleibt einer gewissen Düsternis verpflichtet. Thematisch verhandelt Sommer in den elf neuen Stücken das ewige Suchen und Sehnen. Nach Glück, nach Liebe, nach der einen Person, mit der man gemeinsam selbst in den kitschigsten Sonnenuntergang reiten kann.

Die große Leistung der Band ist es freilich, all diese Emotionen ohne jeden Kitsch in griffige Pop-Miniaturen zu übersetzen. Der Titeltrack gefällt mit seinem tatsächlich recht fröhlichen Uptempo-Beat, Sommers Stimme legt sich in ihrer dramatischen Tiefe, ihrer soignierten Aufgeladenheit dazu, später unterstützt von Bläsern. In gewisser Weise funktioniert dieser Song als Brückenschlag zum Vorgängeralbum "Pop & Tod I + II", denn dort wäre dieser am ehesten denkbar. "Im Fluss" gefällt sich in der Folge als reduzierte Klavierballade, im Vortrag zwischen streng und leichtfüßig changierend. Dieses Spiel beherrschen Die Heiterkeit: Mal wirken sie sehr geradlinig, vielleicht sogar steif, doch im nächsten Augenblick stellt sich eine reizvolle, fast lockere Behaglichkeit ein. "Was passiert ist" profitiert ungemein von diesen kleinen Stimmungsschwankungen.

"Das Wort" baut auf abgespacete Synthies und kühle Beats, während "Ich sehe Dich am liebsten" als verzückte Pianominiatur daherkommt. Die Heiterkeit musizieren in diesen Momenten feingliedrig, wirken teilweise sogar verletzlich. Zu den herausragenden Stücken auf "Was passiert ist" zählt zweifelsohne "Die Linie im Sand", auch hier steht das Piano im Zentrum, Sommers Stimme liegt wie ein warmer Hauch in der Luft. Und auch das abschließende "Die Sterne am Himmel" weiß zu überzeugen: Langsam baut sich die Nummer auf, die elektrische Gitarre malt zuckende Blitze auf den dunklen Horizont, das Klavier tippelt nervös, es ahnt, dass sich hier etwas zusammenbraut. Was es ist, wissen wir nicht genau, nur so viel: Die Heiterkeit fangen diese unbestimmte Stimmung ein weiteres Mal auf sensible Weise ein. Irgendwo zwischen Pop und Tod.

(Kevin Holtmann)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Was passiert ist
  • Die Linie im Sand
  • Die Sterne am Himmel

Tracklist

  1. Was passiert ist
  2. Im Fluss
  3. Dieses Mädchen
  4. Das Wort
  5. Ich sehe Dich am liebsten
  6. Wie finden wir uns
  7. Die Linie im Sand
  8. Jeder Tag ist ein kleines Jahrhundert
  9. Ein alter Traum
  10. Alles sieht groß aus
  11. Die Sterne am Himmel
Gesamtspielzeit: 35:50 min

Im Forum kommentieren

Mic

2020-12-30 22:50:54

So richtig cool. Die hinteren Sachen finde ich so mittel. Aber hey im Fluss ist mega.

Mic

2020-08-28 00:05:10

Die ersten 6 Songs sind irgendwie cool.

Falafel-Andy

2019-03-05 15:17:58

Kelingt irgendwie hampfig.

@vulgäre verse

2019-03-04 11:50:44

Welcher Hype? Wo soll der sein?

Mcfly77

2019-03-04 11:43:31

Für das Cover gibt's ne glatte 10/10
Der Rest so lala

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum