A Mote Of Dust - II

Stargazer / Broken Silence
VÖ: 01.03.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

B in raus

Also auf zum letzten Tanz: Der Blogeintrag Craig Bs vom 8. Dezember 2018 lässt nicht viel Interpretationsspielraum zu. Das nun vorliegende "II" seines aktuellen Projekts A Mote Of Dust wird vorerst die letzte Veröffentlichung des Schotten sein, mangelhafter kommerzieller Erfolg ist da nur die Speerspitze der mannigfaltigen Gründe. So wird dann dieses Album zumindest auf einer Meta-Ebene auch zur Auseinandersetzung mit dem Abschied von seiner Hörerschaft. "It's time to leave / It seems it's always time to leave / So maybe you should leave right now." Die Illusion ewig währender Verbindungen und Beziehungen löst Craig B nicht nur in dem zu Beginn fatalistisch grollenden Song "Cease" auf. Doch es gibt zarte Erinnerungen, die versöhnlich stimmen. So werden auch im Verlauf des besagten Stücks die Klavierklänge lieblicher und ein "Bababa"-Chor zeichnet den Abschied in wärmeren Farben. Doch man sollte sich nicht vertun, auch auf dieser Platte ist die Melancholie das Zugpferd. Der Sound von A Mote Of Dust hat sich im Vergleich zum selbstbetitelten Vorgänger erweitert. Die Basis aus Klavier und Akustikgitarre wird nun manches Mal von elektronischen Percussions, Synthies und Einsprengseln der E-Gitarre ergänzt.

Geblieben ist natürlich die einmalige Stimme Craig Bs. Zart und einfühlsam, entwickelt sie immer wieder einen in ihrer Verletzlichkeit rührenden Nachdruck. Dies geschieht in "Slow clap" überraschenderweise derart entschlossen, dass das melodische Korsett die gesangliche Dringlichkeit kaum zu halten vermag, die schadhaften Drum-Computer-Zuckungen dramatisieren das Ganze obendrein. Überhaupt kann man Craig B nicht vorwerfen, um den heißen Brei herum zu reden. Ein paar Momente sind auf "II" vorbei, da gibt es in "Echoes of empire" den existentialistischen Kassensturz: "What are you willing to die for? / Who are you willing to trust?" Es scheint fast so, als wolle der Erzähler sein Gegenüber auf die Unwägbarkeiten des Schicksals vorbereiten, sich selbst inszeniert er dabei als wenig verlässliche Konstante: "What if they are lying to you? / What if I'm lying to you?" Auch hier setzt Craig B seinen eigenen Wert herab und bereitet auf seine Abwesenheit vor.

Es wird dennoch ein harter Abschied. Denn bereits mit den Vorgängerprojekten Aereogramme und The Unwinding Hours hat Craig B seine tiefgreifende Melancholie, manchmal schreiende Verzweiflung, in eine berückende Form gegossen. A Mote Of Dust, in der Konzentration auf weiche, behutsame musikalische Umsetzung, war da nur eine logische Konsequenz: Wenn man sein emotionales Handwerk so weit ausdifferenziert hat, braucht man die lauten Töne nicht mehr. So reichen in "Throwback" lediglich einzeln angeschlagene Klaviertöne als Hook, die einen ganzen Refrain aufwiegen. In "Summer song" kippt die anfangs lieblich-aufgeweckte Melodik, gepaart mit der Zeile "Love crawled around / Out to the corner of my life", in eine zähflüssige Wehmütigkeit hinein, ohne dass man die Übergänge registriert. Es sind solche kompositorischen Fertigkeiten, die aus den bedrückten Songs des Briten eine vielschichtige Angelegenheit machen. Darauf jetzt verzichten zu müssen, schmerzt ziemlich, auch wenn man nur zu einem kleinen Kreis gehört, der diesen Verlust spürt.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Second last first
  • Slow clap
  • Cease

Tracklist

  1. Echoes of empire
  2. Second last first
  3. Slow clap
  4. Throwback
  5. Signals
  6. A fundamental problem
  7. Evolve
  8. Summer song
  9. Cease
  10. Winter song
Gesamtspielzeit: 43:04 min

Im Forum kommentieren

afromme

2019-02-27 11:44:41

...schönes Zitat aus dem Interview: "And this is why I find social media unhealthy sometimes because it promotes self indulgence. A one way outpouring is not a conversation and a conversation is much better down the pub."

afromme

2019-02-27 11:43:16

Craig B. scheint ohne regulären "Normalo-Job" nicht über die Runden zu kommen (siehe sein jüngster deprimierender Satz bei Social Media morgens um 7:45 Uhr: "I need to go to work now so will catch up later"), finde ich allerdings auch erschütternd, wenn so ein toller Künstler zum Malochen gezwungen ist, während andere Indie-Schotten-Bands sich längst mit glattpoliertem Dauer-Mumpitz an den Mainstream verkauft haben, siehe Biffy Clyro.

Ich befürchte, dass sehr, sehr viele Künstler und Bands noch arbeiten müssen, weil das mit Musik verdiente Geld nicht ausreicht.
Selbst die in Deutschland weltberühmten Slut haben ja normale Jobs.

Hier übrigens ein Interview mit Craig B dazu, warum er aufhört.
https://nbhap.com/stories/a-mote-of-dust-craig-beaton-quitting-music

Da sagt er, dass er im Moment keinen "writing spark" in sich hat. Normalerweise hat er schon nach Abschluss eines Albums immer reichlich Ideen, aus denen dann wieder Lieder werden können. Dieses Mal aber nichts.
D.h. das Aufhören ist nicht nur der finanziellen Situation geschuldet.

afromme

2019-02-27 11:25:50

Seit Aereogramme (eine meiner absoluten Lieblingsbands) hat seine Musik eine eher kleiner werdende Rolle gespielt für mich, aber wirklich zu wissen, dass da nichts mehr kommen wird, ist ziemlich traurig.
Mich freut ein bisschen, dass es noch jemandem so geht - ich mag Craig B sehr, und Aereogramme ist eine meiner ewigen Lieblingsbands. Aber auch mir ging's so, dass ich mit seinem Output seitdem eher weniger verbunden bin.
Sowohl bei den Unwinding Hours als auch bei Mote of Dust wurde mir das zu introvertiert. Da fehlte die Dynamik, die beim kompletten Bandkontext Aereogramme immer so wichtig für die Musik war.

Den Nichterfolg weder von Aereogramme noch von The Unwinding Hours und jetzt A Mote of Dust könnte ich tatsächlich nicht mit rationalen Worten erklären.
Naja, bei Aereogramme bin ich noch bei dir, wenn man sich anschaut, wie Biffy Clyro und Konsorten abgefeiert werden.
Aber wie ein Studienfreund damals beim ersten Unwinding Hours-Album schon sagte "Hm - Aereogramme aufzulösen mit der Begründung dass es finanziell immer zu eng war und dass man nicht gegen den Zeitgeist ankam... dann aber so etwas noch ruhigeres und spezielleres zu machen... Muss man nicht verstehen."

Armin

2019-02-21 20:11:08- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

timo

2019-01-25 22:06:30

Danke für die Informationen!
Dass er nach Münster kommt, freut mich. Der Termin ist im Kalender vermerkt.

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