Pom Poko - Birthday
Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 22.02.2019
Die Kunst des kontrollierten Chaos
Hilfe! Überlastung an allen Fronten. Es donnert, fuzzt und kracht, dazwischen zuckersüße Passagen, in denen man dahinschmelzen möchte. Der Körper zuckt, wo er nur kann, und der Part im Gehirn, der eine Sache mit einer anderen assoziiert, arbeitet auf Hochtouren. Es würde den Rezensenten nicht wundern, wenn Pom Pokos Debüt-Album "Birthday" Hörer vor Überforderung zum Dampfen bringen kann, oder zu dem, was Menschen machen, wenn Maschinen zu dampfen anfangen: zum Schwitzen. "Sublime / Sufficient", wiederholt die mädchenhafte Stimme von Sängerin Ragnhild Fangel zu Beginn des Openers "Theme #1", und als Hörer tendiert man schnell zu ersterem Begriff. Was die vier Norweger hier vorlegen, ist auf jeden Fall erhaben. Wahnsinniger Indie-Rock, wie ihn nur wilde, aber studierte Musiker zaubern könnten. Das Quintett hat sich am Trondheim Music Conservatory kennengelernt, der Bandname ist einem Animationsfilm des berühmten japanischen Animationsstudios Studio Ghibli entlehnt. Nach gefeierten Auftritten in der Heimat, drei Singles und zahlreichen Artist-to-watch-Nennungen landeten Pom Poko 2018 beim für Qualität stehenden Label Bella Union – das auch dieses Mal ein gutes Händchen bewies.
Pom Poko klingen, als hätte man einer unschuldigen Indie-Band wie The Beths einen ganzen Haufen Amphetamine verabreicht und sie aufgefordert, K-Punk, Disco-Groove und Beatlesque Pop-Rock-Riffs in eingängige Songs zu verarbeiten. In jedem Stück verstecken sich viele Kniffe und witzige Einfälle, sodass das Album nachhaltig spannend bleibt und jeder Hördurchgang den Hörer mit neuen Entdeckungen entlohnt. "Follow the light" klingt anfangs, als könnte es auch von einem früheren Queens-Of-The-Stone-Age-Album stammen, "Blue" erinnert an den verspielten Indie-Rock von !!!, "Daytripper" stellt kurzerhand das Riff des Beatles-Songs auf den Kopf, und "If u want me 2 stay" beschwört die ungestümen Club-Banger von Kasabian. Der Kitt, der diese in alle Himmelsrichtungen strebenden Kreativitätsauswüchse zusammenhält, ist Fangels zuckersüßer Gesang. Zwischen all dem kontrollierten Chaos, das ihre Bandkollegen verursachen, schmettert die Sängerin dem Hörer am laufenden Band Ohrwurm-trächtige Gesangsmelodien entgegen.
"Please don't fear me / I am just art / I'm okay with / Me and my heart", trällert Fangel im poppigen "My work is full of art" und scheint damit das Selbstverständnis der Band zu verbalisieren. Bei aller Überforderung gibt es keinen Grund für Angst. Diese Musik kommt direkt aus den Herzen ihrer Schöpfer, und genau das macht sie so frisch und aufregend. Der Titeltrack selbst bleibt mit seinem Refrain "It's my birthday, honey / Don't forget to hug me" noch lange im Kopf und verzückt mit gewitzten Bridges und Rhythmuswechseln. Das absolute Highlight ist allerdings "My blood". Ein Intro, das Gesang und Gitarre parallel in ein tobendes Gitarrenriff überführen, welches in Strophe und Pre-Chorus überleitet und schließlich im wunderschönen Refrain mündet, der all der vorangegangenen und folgenden Unruhe und flammenden Dynamik einen Sinn gibt: Diese kleinen Nester der Ruhe leuchten kontrastiert mit dem Chaos noch viel heller. "Oh, nothing is against me / My body is a flower / My blood simulating ecstasy / Oh, swirl around and let go", säuselt Fangel. Gestärkt und gewappnet gegen die körperliche Überforderung kann man den wilden Ritt weiter genießen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- My blood
- My work is full of art
- Birthday
- If u want me 2 stay
Tracklist
- Theme #1
- My blood
- Follow the lights
- My work is full of art
- Blue
- Honey
- Crazy energy night
- Birthday
- Milk trust
- Daytripper
- If u want me 2 stay
- Peachy
Im Forum kommentieren
Z4
2023-04-06 11:18:50
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/marderhund-corona-ursprung-china-wuhan-markt-100.html
Skinner
2020-09-15 09:16:43
https://www.youtube.com/watch?v=LaGVKrmQ-1E
zweiter neuer Song gefällt!
myx
2020-08-19 11:34:31
Mir ist "Birthday" insgesamt dann doch zu nervös, hat aber zwei, drei richtig tolle Songs drauf.
Das neue Lied gehört tatsächlich nicht in diese Kategorie.
Skinner
2020-08-18 16:13:33
https://www.youtube.com/watch?v=eBu_M2IjRiw
Nachfolger kommt im November :)
Song kommt noch nicht an die Singles des Debüts ran, aber das kann ja noch werden.
Hoschi
2019-04-10 08:20:49
So leid es mir für diese durchaus sympatische norwegische Bande tut, das Album kann ich mir nicht am Stück anhören.
Ich hab die Kapelle vergangenes Jahr auf dem Burning Eagle Festival in der Nähe von Stuttgart erleben dürfen.
Einer meiner größten Live Acts der vergangenen
Jahre aber auf Platte ne Katastrophe.
Ich hab aber durchaus Respekt vor diesen Musikern. Was die live an ihrem Instrument fabriziert haben toppt so ziemlich einige der großen und bekannteren Bands um Längen.
Gerade die Drum/Gitarre Fraktion.
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