Overkill - The wings of war
Nuclear Blast / WarnerVÖ: 22.02.2019
Läuft und läuft und läuft
Es gibt Bands, für die ganz offensichtlich der Begriff "unterbewertet" erfunden wurde. Denn was gemeinhin benutzt wird, wenn Fans der Meinung sind, ihre Lieblingsband käme ja überall viel zu schlecht weg und die anderen hätten ja eh keine Ahnung, passt auf Overkill wie die Faust aufs Auge. Nur ein Beispiel, was verdeutlichen mag, dass die Band aus New Jersey immer irgendwie da war, während andere das große Geld machten: Als Bassist D. D. Verni 1980 per Annonce (ja, so machte man das damals, liebe Kinder!) einen Sänger für eine neu zu gründende Band suchte, entdeckte ein 17 Jahre alter dänisch-stämmiger Teenager namens Lars Ulrich gerade die New Wave Of British Heavy Metal für sich. Und wenn heute noch Diskussionen darüber aufkommen, dass Overkill eigentlich zusammen mit den "Big 4" genannten Metallica, Slayer, Anthrax und Megadeth eine Art "Big 5" bilden sollten, lächelt der seinerzeit neu entdeckte Frontmann Bobby "Blitz" Ellsworth jegliche Debatte mit dem Argument hinweg, dass halt andere das Geld und damit auch den Ruhm verdienen – er selbst wolle einfach nur seine Musik machen.
Genau mit dieser "einfach nur machen"-Attitüde haben Overkill also knapp vier Jahrzehnte lang allen Wellen und Moden getrotzt, so dass natürlich auch das 19. Studioalbum "The wings of war" geradezu trotzig dem durch den Punk beeinflussten East-Coast-Thrash frönt, den die Band über all die Jahre perfektioniert hat. Und doch ist "The wings of war" eben keine Maschinerie, kein Massenprodukt, zumindest in dem Sinne, wie die Brüder im Geiste von Motörhead keine massengefällige Ware produziert hat. Selbstverständlich ist zunächst alles vertraut, alles in gewohnten Bahnen: Die von Verni angetriebenen Gitarristen Dave Linsk und Derek Tailer liefern grundsolide, quasi in Stein gemeißelte Riffs, über die Ellsworth wie in den Achtzigern seine Vocals krakeelt. So weit, so routiniert.
Dann ist da allerdings mit dem programmatisch betitelten "Last man standing" ein Monolith eines Openers, der mit Leichtigkeit jedes Publikum zum Ausrasten bringen dürfte, garniert mit einem wunderbaren Mitgröl-Refrain, wie ihn eben nur jahrzehntelange Routine aus dem Ärmel schütteln kann. Gefolgt vom barbarischen Headbanger "Believe in the fight", dessen Refrain auch aus der Feder von Udo Dirkschneider stammen könnte. Immer wieder gibt es diese kleinen Reizpunkte, die aus der Routine ausbrechen lassen, wie das kurze verspielte Break in "Bat shit crazy" oder das für Bandverhältnisse fast schon progressive "Distortion". Wer im übrigen über dessen Midtempo-Parts die Stirn runzelt, dem sei in Erinnerung gerufen, dass die größte Bandhymne, nämlich "In union we stand" von 1987, in genau jenem Tempo seine maximale Wirkung entfacht hatte. Und wenn man solche Verdienste vorweisen kann, dann darf man eben auch mit der Punk-Explosion "Welcome to the Garden State" eine augenzwinkernde Liebeserklärung an seinen Heimatstaat richten.
Geschwindigkeit ist nicht alles – das ist wohl die Lehre, die so ziemlich alle aus der Gründerzeit übrig gebliebenen Thrash-Bands irgendwann gezogen haben. Bei Overkill ist das nicht anders, zumal auch bei Genre-Urvätern die Zeit nicht spurlos vorüberzieht, wenn man sich einmal Ellsworths Krankenakte – inklusive einem leichten Schlaganfall auf der Bühne im Jahr 2002 – vergegenwärtigt. Insofern ist "unverwüstlich" wohl eine der am meisten gebrauchten Attribute für die Amerikaner, ebenso wie "unbeirrt". Zuverlässig wie wenig andere Kollegen liefern Overkill ein Album, das das Genre nicht neu definieren mag. Aber manchmal tut es eben gut, wenn es Bands gibt, bei denen man einfach weiß, was man an ihnen hat. Was Motörhead für den Rock'n'Roll war, sind Overkill für den Thrash Metal. Und mit jeder Platte wie "The wings of war" wird dieser Ruf mehr und mehr zementiert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Last man standing
- Believe in the fight
- Distortion
Tracklist
- Last man standing
- Believe in the fight
- Head of a pin
- Bat shit crazy
- Distortion
- A mother's prayer
- Welcome to the Garden State
- Where few dare to walk
- Out on the road-kill
- Hole in my soul
Im Forum kommentieren
Rudi Aschlmeier, Vampirjäger
2019-02-23 10:35:22
Ist mir einfach zu hart.
Mario
2019-02-22 21:53:55
Ich sach da zu nix
Mario
2019-02-22 21:52:36
Ich sach da zu nix
Armin
2019-02-14 21:26:47- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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