Soundtrack - Vox lux

Three Six Zero / Columbia / Sony
VÖ: 14.12.2018
Unsere Bewertung: Ohne Bewertung
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Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Pop is dead, long live pop

Bei Brady Corbet kristallisiert sich eine Vorliebe heraus: Die biografische Skizzierung fragwürdiger Charakter hat es ihm angetan. Sein Regiedebüt "The childhood of a leader" zeichnete den Werdegang eines späteren Diktators nach, sein Zweitling "Vox lux" beäugt nun das Leben einer umfeierten Popsängerin namens Celeste. Diese wird in einer bitter-ironischen Fügung entdeckt, als sie im Alter von 15 Jahren nach dem Überleben eines Terroranschlags den verstorbenen Mitschülern mittels eines Songs Tribut zollt. Jahre später ist sie längst ein Weltstar mit treuer Anhängerschaft, doch das unbarmherzige Business hat ihren Charakter verhärtet. Abermals erschüttert ein Terroranschlag die Öffentlichkeit, die Täter nehmen per Maskierung Bezug auf ein Outfit von Celeste. Sie reagiert jedoch nur noch mit abgeklärter, distanzierter Kühle. Die Maschinerie läuft derweil weiter und weiter.

Corbet hinterfragt das Poptimism-Mindset, stellt die Überlegung in den Raum, wie viel ideologisches Investment Menschen in ihre Helden fehlleiten. Der Soundtrack zerfällt als unterstützendes Dokument in zwei Hälften: die Popsongs, die von Sia und Co-Autor Greg Kurstin geschrieben wurden und abermals ein instrumentaler Score von Scott Walker, der schon zu "The childhood of a leader" das Orchester malträtierte. Die Pop-Kompositionen teilen sich wiederum auf in die späteren, von Natalie Portman eingesungenen Stücke und die ersten Hits der jungen Celeste, verkörpert im Film und auf dem Soundtrack von Raffey Cassidy. Der Clou an "Vox lux": Die Songs werden fast gänzlich erst am Ende des Films in einer Konzertmontage dargeboten, sie spielen für die vorige Erzählung, ebenso wie die zahlreichen Fans, kaum eine Rolle.

Es erscheint als rein zynische Maßnahme, dass mit Ausnahme des Schlüsselstücks "Wrapped up" Portmans Stücke allesamt billigste Grütze sind. Man mag von Sia als Künstlerin halten, was man möchte, aber sie hat sonst mehr auf dem Kasten als die Bumsebeats von "Blinded by love" oder die Platitüden, welche die Lyrics wie einen Schwamm durchtränken. Die scheußlichen Vocal-Effekte auf Portmans Stimme machen die sechs Songs dann endgültig in Gänze unhörbar. Aber ist das nicht genau Corbets Punkt? Die Abfeierei von Musik, die nur ein minderwertiges Produkt ist? Die sensationsgeile Aufbauschung durch Katastrophenereignisse? Spielt Sia hier des Teufels Anwältin und lieferte absichtlich die lieblosesten Kompositionen ab – für einen Film, der sich gegen die Popwelt richtet, der sie selbst groß machte?

Die vier folgenden Cassidy-Stücke erscheinen um einiges organischer und beruhigter. Insbesondere ihre Fassung von "Wrapped up" erzeugt echte Emotionen, der Rest ist zumindest einigermaßen leichtfüßiger Pop, der nichts von der Verkrampftheit der vorigen Songs besitzt. Ein vollkommener Bruch dagegen ist der Wechsel zu den zehn Kompositionen von Walker. Der unterstreicht die kühle, unnahbare Blauton-Optik des Films mit eisigen Streichern und vereinzelten, wortlosen Chor-Samples. Die Stücke sind insgesamt längst nicht so nervenaufreibend wie die psychotischen Ausfälle von "The childhood of a leader", erzeugen aber immerhin eine in sich stimmige Atmosphäre.

Allein dieser Kontrast zwischen schrillem, überdrehtem Pop und introvertierten Score-Skizzen macht eine Bewertung des Soundtracks schwierig. Dass vor allem die von Portman gesungenen Auswürfe vermutlich ja gerade so schlecht sein sollen, wie sie sind, gibt dem Album eine doppelte Ebene, die es weniger zum eigenständigen Produkt macht, sondern zum Begleitkommentar der Aussage des Films degradiert. Wer würde sich diese mit völlig heterogenen Phasen gepflasterte Stunde einfach hintereinander anhören? Und warum? Ohne Kontext fällt der Soundtrack auseinander. Volkstrauer wird zum Pop, und diesen Spiegel hält Corbet der Gesellschaft vor. Ob der Film diese Aussage treffend herüberbringt, hängt von persönlicher Toleranz der Holzhammer-Methodik ab. Die Songs alleine können seine Message jedoch so oder so nicht tragen.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wrapped up (Raffey Cassidy)
  • Terrorist (Scott Walker)

Tracklist

  1. Wrapped up (Natalie Portman)
  2. Blinded by love (Natalie Portman)
  3. Firecracker (Natalie Portman)
  4. Sweat and tears (Natalie Portman)
  5. Private girl (Natalie Portman)
  6. EKG (Natalie Portman)
  7. Wrapped up (Raffey Cassidy)
  8. Alive (Raffey Cassidy)
  9. Your body talk (Raffey Cassidy)
  10. Hologram (Smoke and mirrors) (Raffey Cassidy)
  11. Prelude (Scott Walker)
  12. Night walk (Scott Walker)
  13. Opening credits (Scott Walker)
  14. Anthem (Scott Walker)
  15. Yearning (Scott Walker)
  16. Terrorist (Scott Walker)
  17. C&A walk (Scott Walker)
  18. Dressing room (Scott Walker)
  19. Druggie (Scott Walker)
  20. Finale (Scott Walker)
Gesamtspielzeit: 56:16 min

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Armin

2019-01-10 20:43:17- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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