Ah! Kosmos - Beautiful swamp

Compost / Groove Attack
VÖ: 05.10.2018
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das Universum in 33 Minuten

Es knirscht, knackt, knarzt und blubbert, wenn Ah! Kosmos ein Album produziert. Diese gänzlich natürlichen Geräusche stehen hier neben Elektro-Beats, halligen Gitarren und kraftvollen Streichern und es klingt häufig, als hätte die aus Istanbul stammende Başak Günak das Universum an eine Steckdose angeschlossen: die elektrifizierte Natur und mittendrin, aber irgendwie auch in der Peripherie, der Mensch, der stöhnt, brummt und – sehr selten – auch singt. Das Alias der Türkin ist nicht nur ein Name, sondern auch eine gute Umschreibung für das, was sich beim Hören einstellt: das Verständnis, dass sich ungefähr so das Weltall anhören muss. Man versinkt im titelgebenden Sound-Sumpf, der sich irgendwo an der Grenze zwischen Irdischem und Mystischem zu befinden scheint.

Das Hörerlebnis griffig in Worte zu fassen, ist gar nicht so einfach, das hat der erste Absatz bewiesen. "Beautiful swamp" präsentiert sich oft als weniger schrullige Version von Cosmo Sheldrakes "The much much how how and I" oder ambivalentere, weniger düstere Variante von Darksides "Psychic", dazu kommen orientalische Einflüsse. Günak lebt inzwischen in Berlin und möchte das Album als Dokument ihrer Zerrissenheit zwischen der deutschen Hauptstadt und Istanbul verstanden wissen. Tatsächlich ist es weniger konsistent als der Vorgänger ""Bastards", klingt dafür aber trotz aller Elektronik noch mal organischer. Die Stück fließen entgegen der thematischen Zerrissenheit wunderbar ineinander und schäumen dabei vor musikalischer Dichte.

"Woods" beispielsweise klingt mit Schnalz-Geräuschen, Bongos und Klatschern so urtümlich, dass man die Beats dahinter kaum wahrnimmt und sich dem treibenden Track einfach fügt, bis er nach dem Einsetzen eines nach Beschwörung klingenden Gesangs abrupt endet. In Stücken wie "Wide" oder "We can't fall off a mountain" verwebt Günak gekonnt Rock und Elektronik miteinander und beweist einmal mehr, wie gut sich E-Gitarren und maschinelle Rhythmen vertragen. Neben diesen in alle Himmelsrichtungen strebenden Tracks gibt es auch die sphärischeren, die eher nach Kontemplation und Innehalten rufen: "Quod non pertinent hic", geschickt in der Mitte des Albums platziert und "Heart knows this", das passenderweise den Abschluss bildet, gegen Ende dann aber noch Fahrt aufnimmt.

"Paradise" sticht als einziger Song mit eingängigem Refrain deutlich heraus. Leah Christensens Stimme macht aus dem Stück eine kleine Oase inmitten der wilden, rauen Soundscapes, die einen Großteil von "Beautiful swamp" ausmachen. So auch "Beyond dreams", das mit orientalischem Gitarrenspiel und türkischsprachigem, gespenstischem Gesang tief in Günaks Herkunftsland verwurzelt scheint. Die Reise durch die verschiedenen Klanglandschaften ergibt vor allem in ihrer Gänze Sinn und macht aus den kleinen Ausflügen der einzelnen Stücke einen intensiven, einzigartigen Trip. Von Istanbul nach Berlin. Oder einmal um die Welt und in den Weltraum. Und vor allem auch vom Dies- ins Jenseits. Ah! Kosmos hat das Universum kurz für uns zusammengefasst.

(Simon Conrads)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wide
  • Quod non pertinent hic
  • Beyond dreams

Tracklist

  1. Woods
  2. June
  3. Wide feat. Özgur Yilmaz
  4. It rains without you
  5. We can't fall off a mountain
  6. Quod non pertinent hic
  7. Dawn
  8. Paradise feat. Leah Christensen
  9. Beyond dreams feat. Elif Çağlar
  10. Heart knows this
Gesamtspielzeit: 33:26 min

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Armin

2019-01-03 19:59:26- Newsbeitrag

Frisch rezensiert. Als "Vergessene Perle 2018".

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