Willard Grant Conspiracy - Untethered
Loose / Rough TradeVÖ: 07.12.2018
Über die Maßen müde
Es hat unangenehmerweise immer etwas Sensationslüsternes an sich, wenn der Rezensent über ein posthumes Album zu berichten hat. Deshalb hier nur kurz die Fakten: Robert Fisher, Führungsfigur der Willard Grant Conspiracy, verstarb im Februar 2017 an Krebs. Vorher wurden jedoch noch die Songs für das zehnte Album dieser Außenseiterband eingespielt und aufgenommen. David Michael Curry, langjähriger Wegbegleiter Fishers, hat in der Zwischenzeit jene Stücke für einen Release aufbereitet, welcher nun zeigt, dass diese Band auf einem Höhepunkt abtritt, denn "Untethered" steckt voller raffiniert-verletzlicher Momente, deren morbider Charakter für ein ganz eigentümliches Folk-Erlebnis sorgt.
Beim eröffnenden "Hideous beast" packt Fisher zunächst einen rumpelnden Grinderman aus der Tasche und legt damit eine falsche Fährte. Denn zwischen Cello-, Kontrabass- und Violinennachdenklichkeit finden sich die Songs immer wieder in einer fatalistischen Brüchigkeit wieder. Dass dabei Zartheit und weiches Sentiment zu ihrem Recht kommen, kündet von der Doppelbödigkeit dieses Werkes. Der federnde Groove von "Do no harm" in Vereinigung mit gutmütigen Streichern setzt einen reizvollen Kontrapunkt zu Fishers nüchternen Vocals, die sich nicht nur hier einer billigen Theatralik verweigern. "26 turns" liegt flach atmend auf dem Rücken, Cello und Gitarrenspiel schleppen sich lebensmüde dahin, doch in der angeknacksten Figürlichkeit des Songs steckt viel aufrichtige Romantik. Und so reicht es auch völlig aus, dass "Chasing rabbits" unter dräuendem Himmel konstant dahingleitet.
Diese Platte hat spürbar die Ruhe weg, was nicht mehr gesagt werden kann, war wahrscheinlich eh nicht so wichtig. Lieber lehnt sich "Saturday with Jane" waidwund zurück, die Gitarre plingert, das wurmstichige Cello zieht seine Schleifen, und bald ist es Zeit für den großen Schlaf. "Untethered" ist ein wohliges Eingehen in die Endlichkeit, die Instrumentierung dazu ein rustikales Tableau unaufgeregter Stoizität. Das bluesig angehauchte "I could not" wirkt trotz aufkommendem Wehklagen gleich deutlich undramatischer, der Titelsong gibt sich mit abwartendem Gitarrenspiel und ermatteten Streicherseufzern auch nicht gerade kampfeslustig. So ist dieses Album ein lakonisches Zeugnis für eine Müdigkeit, die tief in die Fundamente hineinwurzelt, ein schleppender Walzer, dessen Zeit abgelaufen ist. In seiner Nüchternheit ist das fast schon erschreckend, aber nicht weniger beeindruckend.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Do no harm
- Chasing rabbits
- I could not
Tracklist
- Hideous beast
- Do no harm
- All we have left
- 26 turns
- Chasing rabbits
- Let the storm be your pilot
- Love you apart
- Margaret on the porch
- Saturday with Jane
- Two step
- I could not
- Share the load
- Untethered
- Trail's end
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Armin
2018-12-20 20:49:25- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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