Jason Isbell And The 400 Unit - Live from the Ryman
Southeastern / Thirt Tigers / Al!veVÖ: 19.10.2018
Hör mal, wer da hämmert
Jason Isbell ist ein Working Man's Man, ganz einfach. Im vergangenen Winter konnten sich seine Anhänger im Ryman Auditorium in Nashville ein Bild davon machen. Soll heißen, dieser Mann, vierfacher Grammy-Gewinner, steht für No Bullshit. Ob mit oder ohne seine Begleitband The 400 Unit, Isbell lässt seinen Americana niemals artifiziell kompliziert werden, die direkte Ansprache, der eindeutige Song stehen im Mittelpunkt seines Schaffens. Dabei ist ihm im letzten Jahr mit "The Nashville sound" sein vielleicht bestes Album gelungen, kein Wunder, dass viele Songs dieser Platte eine zentrale Rolle auf "Live from the Ryman" spielen.
"Hope the high road" eröffnet mit maximalem Engagement den Reigen, jaulende Gitarren, eine fiebrige Orgel und ein stimmlich bestens aufgelegter Isbell bringen die altehrwüdige Venue gekonnt auf Touren. Auch das majestätische "Cumberland gap" rockt mit getriebener Energie nach vorne, im Refrain wird das anwesende Publikum zum mächtigen Chor, und Isbell tritt den Beweis an, für die Nachfolge des Bosses bereit zu stehen. Selbstverständlich ist Isbell auch in nachdenklicheren Momenten ein guter Gesprächspartner. Das mit lässigem Blues erodierende "White man's world" ist in einer urtümlichen Holzfällerhemd-Welt zu Hause, die ja bekanntlich zahlreich von Anhängern Donald Trumps bevölkert wird. Doch in diesem Song über fehlende Chancengleichheit aufgrund von Geschlecht oder Hautfarbe wird die Ehre des Hard Working Man wieder hergestellt, regelrecht gefeiert wird diese Spezies in "Something more than free".
Manchmal kann man sich in einer gewissen Emphase verlieren, doch verkommt diese nie zum Selbstzweck. "The life you chose" stellt in all der freiheitlichen Hymnenhaftigkeit unangenehme Fragen, denn Isbell ist der Meister des nachdenklichen Pathos. "Ein Hoch auf uns" wird man von diesem Mann nie zu hören bekommen, zu kompliziert und vielgliedrig sind die menschlichen Beziehungen. Ein netter Widerspruch ist dabei, dass der vielleicht abgründigste Song dieses Live-Mitschnitts, "Elephant", mit der größten Begeisterung vom Publikum begrüßt wird. Obwohl, das abschließende "If we were vampires" kann da auch mithalten, und es zeigt sich erneut, dass sowohl Isbell als auch seine Hörer das letztjährige Album für sein vielleicht stärkstes halten mögen, und beim Hören dieser Endlichkeitsballade kann man von Gänsehautwellen erschüttert nur stumm und bedächtig zustimmen: Isbell ist auf der Höhe seines Schaffens, "Live from the Ryman" legt davon beeindruckend Zeugnis ab.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Hope the high road
- Cumberland gap
- Elephant
- If we were vampires
Tracklist
- Hope the high road
- 24 frames
- White man's world
- Flagship
- Cumberland gap
- Something more than free
- The life you chose
- Elephant
- Flying over water
- Last of my kind
- Cover me up
- Super 8
- If we were vampires
Referenzen
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