Pranke - Monkey business

Staatsakt / Caroline
VÖ: 23.11.2018
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Music for the masses?

Echt, nur zwei? Dass Pranke aus Berlin lediglich ein Duo sind und nicht eine ausgewachsene Combo, erschließt sich dem nichtwissenden Hörer zu keiner Zeit. Zu viel ist los bei Daniel Bödvarsson und Max Andrzejewski, ausgewachsene Prog-Rock-Phantasien, gekleidet in vielfältige Klangvariationen, geben sich wenig bescheiden die Ehre. Es geht stellenweise drunter und drüber auf "Monkey business", doch ein gehöriges Maß an Komplexität wird immer wieder durch wunderbar eingängige Harmonien und Melodien aufgelockert. Dass man die Begriffe Jazz und Prog gleichrangig mit Referenzen wie den Fleet Foxes oder Band Of Horses auflistet, mag verblüffen, ist hier aber völlig folgerichtig.

Bödvarsson an der Gitarre findet immer wieder verdrehte, artistische Wege, seinem Instrument letztendlich doch einprägsame Klänge, Akkorde und Riffs zu entlocken, Andrzejewski gibt währenddessen den Tausendsassa am Schlagzeug, Synkopen, polyrhythmische Verschleppungen, alles drin, alles dran, was der um die Ecke hörende Musikliebhaber mag. Die Magie passiert jedoch abseits allzu großer Verrenkungen. Wie der Titelsong zunächst an einem staubigen Bluesriff entlangwandert, sich dem Westküstenpop an den Hals wirft, um dann einen Prog-Breakdown durch die Hintertür einzulassen, zeugt nicht nur von Kombinationsgabe, sondern bewegt durch ans Herz gehende Melodieführung auch nachhaltig. "Hold the line" zeigt weiterhin deutlich, dass eine Stimme der Marke Robin Pecknold auch in Mitteleuropa heranreifen kann, begeistert ist man aber von dem sich sämig entrollenden Song deshalb, weil instrumental sowohl Nordeuropa als auch der Orient angesteuert werden, es insgesamt am Ende aber doch nach Amerika klingt. Die Stücke dieses Debüts weisen immer eine jazzige Kunsthaftigkeit auf, ohne den direkten emotionalen Zug zu verlieren, eingestreute Synthie-Variationen von Andrzejewski sind nie ein Fremdkörper aus Plastik, sondern erweitern den eher erdigen Sound in eine gefühlvolle Achtziger-Glitzerwelt.

Das üppige "Adorno" zeigt am besten, wie Pranke vorgehen: Der rhythmisch verwendete Synthie sorgt für eine unterschwellige Taktung, darüber oszilliert eine durchaus markige E-Gitarre für einige Momente, das Schlagzeug bringt sich mit einigen Schlägen in Position, bis die Wandergitarre mit Pirouetten und Schlenkern den langen Pfad durch die Appalachen in Angriff nimmt. Die Musik von Pranke ist derart abwechslungsreich und nie um eine Antwort verlegen, dass sie gerade in unseren Breitengraden wohl abseits der öffentlichen Wahrnehmung existieren wird. Man stelle sich mal vor, ein Song wie die Vertonung des Vonnegut-Gedichts "Bokonon’s 53rd calypso" würde im Frühstücksradio laufen. Statt dem Chef auf Arbeit bestenfalls einen widerwilligen guten Morgen zu wünschen, würde man sich mit diesem angeregt über Geburtsrituale auf Papua-Neuguinea unterhalten und dabei die öden Pflichten ruhen lassen. Aber nein, das wird nicht passieren. Ziemlich sicher findet Ihr Pranke in irgendeiner stillgelegten Hinterhof-Backstube, die kürzlich noch als ehrenamtliche Fahrradwerkstatt betrieben wurde, wie sie dort vor einem knappen Dutzend zahlender Gäste ihre visionäre Vorstellung von Prog-Folk zum Besten geben, ausgestattet mit ein paar Instrumenten und immer nur zu zweit.

(Martin Makolies)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Monkey business
  • Adorno
  • Bokonon's 53rd calypso

Tracklist

  1. Let's go
  2. Monkey business
  3. Adorno
  4. RW
  5. Hold the line
  6. Inexplicably awkwardly
  7. Come closer
  8. Bokonon’s 53rd calypso
  9. Para
  10. Janine
Gesamtspielzeit: 45:01 min

Im Forum kommentieren

Lateralis84skleinerBruder

2020-09-24 14:30:45

Das Album brauchte eine ordentliche Zeit, aber seit ein paar Durchläufen hat es Klick gemacht. Ganz viele tolle kleine Ideen.

Der Flow von Adorno bis Hold the Line ist bisher mein sweetspot

Reed Richard

2019-07-16 14:40:51

Das rumpelt recht ordentlich!

vintagetwang

2018-12-04 10:37:35

Sehr wirr... im positiven Sinne. Klasse LP!

The MACHINA of God

2018-12-03 18:43:42

Ich hatte es mir härter vorgestellt, aber es klingt sehr interessant.

Plattenbeau

2018-12-03 18:41:58

Wirklich eine kurios vielseitige Mixtur, gefällt mir bisher recht gut.

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