Lafote - Fin

Misitunes / Broken Silence
VÖ: 16.11.2018
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nein, nein, nein

Kaum veröffentlichen Lafote ihr erstes Album, haben sie es schon wieder satt. Das zumindest könnte man meinen, wenn man den Titel ihres Debüts "Fin" oder auch dessen Opener mit dem leicht apokalyptischen Namen "Alles liegt in Scherben" betrachtet. Am besten, man beginnt mit dem Ende, dann kann es nur besser werden, werden sich die Hamburger gedacht haben. Vielleicht auch, um den vielen Vorschusslorbeeren, die sie seit ihren ersten Auftritten gemeinsam mit Trümmer im Jahre 2014 erhalten hatten, etwas entgegenzusetzen. Völlig unnötig, denn was man dem Dreier aus der Hansestadt zutraute, bewahrheitet sich.

Auf "Fin" findet sich astreiner Post-Punk, austemperiert produziert, ebenso eingängig, aber ein bisschen kratziger und mit einem ausführlicheren lyrischen Ansatz als die letzte Karies-Platte "Alice", weniger düster und kompliziert, aber dafür ein paar Portionen wütender als das letzte Messer-Album "Jalousie". "Alles liegt in Scherben" ist hier entsprechend Programm: Lafote beschreiben eine Welt voller Kluften, zwischen Arm und Reich, zwischen regieren und regiert werden. Im sehenswerten Video reitet Sänger Jakob Groothoff auf einem weißen Schimmel am Bulgari-Geschäft in der Nähe des Hamburger Jungfernstiegs vorbei und deutet so den unsäglichen Begriff der "No-go-Area" begreifbar um. Stoischer Beat, reißerische Gitarren, bissger Gesang, ein super Song. "Jeden Tag werde ich mehr unsichtbar" schließt musikalisch wie thematisch an, legt noch eine Schippe im Tempo drauf, holt sich im letzten Drittel eine Zweitstimme ins Boot, die sogleich den Druck erhöht.

Bei "Der Riss geht auch durch Dich" gefällt insbesondere die Bridge beziehungsweise das kurze Verstummen nach gut anderthalb Minuten, das in der Wiederholung des drastischen Songtitels gipfelt. In "Etwas fehlt" weicht die Wut ein Stück weit der Niedergeschlagenheit. "Was ist denn nur los?", fragt der Sänger da und zieht die Konsequenz aus seiner Desillusionierung: "Ich löse mich auf", während die Gitarre ganz wunderbar oszilliert. Optimistischer geht es im ruhigen "Spaghettieis" zu, das die Utopie der Dystopie entgegenstellt. Groothoff traut sich ein bisschen von Lowtzow, wenn er schwärmerisch von einem Tag am See, einer Riesenradfahrt und "glitschigem Spaghettieis" träumt. Mehr auf die Zwölf gibt es dann wieder in "Knoten", dass sich ein paar Augenblicke Zeit lässt, um sein Tempo zu finden, die Gitarre weiter zu verzerren und dem Gesang den Raum zu geben, um seinem Ärger Luft zu machen. Genauso wie Groothoff im Text Knoten in seinem Kopf vermutet, spielt sich das Instrumentarium schwindelig, selbst das ansonsten so geradeaus agierende Schlagzeug verlässt zwischenzeitlich eindrucksvoll sein Schema. Pogo oder Tanzen? Bei Lafote geht beides. So etwa in "Zündschnür", dessen Rhythmus Beine wie Ellenbogen gleichermaßen in Bewegung versetzen dürfte, genauso wie in "Ich gebe auch", das jedoch mit einem wirren, aber genauso tollen Ausbruch nach zwei Minuten für ratlose Gesichter auf der Tanzfläche sorgen dürfte.

Definitiv nichts für Partypeople jeglicher Couleur ist hingegen der Closer "Wir könnten sagen, es ist gut so wie es ist", der zunächst nur die Percussion erklingen lässt, bis nach guten eineinhalb Minuten die Gitarre zu gniedeln beginnt. "Wir könnten einverstanden sein / Wir könnten uns zusammenreißen / Wir könnten sagen: 'Ja, ja, ja'", lautet da der Text, der offenlegt, dass Weggucken keine Option ist. Es bleibt beim Gedankenspiel, statt "Ja, ja, ja" ruft "Fin" laut "Nein, nein, nein" und offenbart darin die gesunde, reflexive Geisteshaltung seiner Schöpfer, die sich letztlich aber gar nicht wirklich das Ende, sondern vielmehr einen Neuanfang herbeisehnen. Gleichzeitig ist "Fin" rotzig genug, um aufzuwiegeln, aber eingängig genug, um nachhaltig das Hörer-Ohr zu besetzen. Großartig!

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alles liegt in Scherben
  • Etwas fehlt
  • Knoten
  • Wir könnten sagen, es ist gut so wie es ist

Tracklist

  1. Alles liegt in Scherben
  2. Jeden Tag werde ich mehr unsichtbar
  3. Der Riss geht auch durch Dich hindurch
  4. Etwas fehlt
  5. Zündschnur
  6. Spaghettieis
  7. Ich gebe auf
  8. Nur der Zusammenbruch ist echt
  9. Knoten
  10. Zwischen den Zeilen dieser Zeit
  11. Wir könnten sagen, es ist gut so wie es ist
Gesamtspielzeit: 34:57 min

Im Forum kommentieren

MarGon

2019-01-04 12:56:22

HIer wird man also schon gelöscht, wenn man die Wahl zum Album der Woche als erneuten Flop bezeichnet. Kritik an der Wahl ist also nicht erwünscht.

Wo sind wir hier? Bei Maas zuhause, Armin?

quasinebenbei

2018-12-14 11:51:31

Auch das Albumcover ist meiner Meinung nach echt schlecht.
Das Visuelle ist wohl nicht so ihr Ding.

Die gute Musik reicht ja auch...

quasinebenbei

2018-12-14 11:46:14

Das Album gefällt mir sehr gut und auch die Rezi ist in Ordnung. Nur was an dem Video sehenswert ist, muss mir erklärt werden.

dirk

2018-12-12 15:18:01

ich kenne nur den hanseplatte shop. da gibt es die LP mit der CD dabei, hab grad nochmal geguckt

Olle

2018-12-11 18:58:34

Wisst Ihr zufällig, ob der LP die CD beiliegt?

Danke.

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