Ty Segall - Fudge sandwich

Drag City / H'Art
VÖ: 26.10.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Er hat noch einen

Man erwähnte es vielleicht bereits an der einen oder anderen Stelle: Ty Segall ist ein ruheloser Tausendsassa. Einer, der alles probiert, den es nie lange an einem Ort oder in einem Genre hält, der nie immer nur in eine Richtung geht, sondern kreuz und quer, nach links, rechts, und wenn es sein muss, auch im Handstand und rückwärts. Segall ist einer, der alles gibt und alles versucht. Sein gewaltiger Output, ob solo oder in diversen Band- und Duett-Kombinationen, spricht Bände und ist Zeuge der zugegeben nicht immer ins Schwarze treffenden, aber immer mindestens beeindruckenden Kreativität des Kaliforniers. Allein im Jahr 2018 war Segall an der Veröffentlichung von sage und schreibe sechs Werken beteiligt, darunter die Kollaborationsarbeit "Joy" mit White Fence oder das wahnwitzig auf 55 Kassetten begrenzte "Orange rainbow". Woher nimmt der Kerl bloß diese Zeit und Energie?

Nur eine Woche nach dem Überraschungsrelease von "Orange rainbow" ließ Segall auch schon sein nächstes Projekt auf die Welt los, und wieder mischt er seine eigenen Karten neu, damit ihm bloß niemand in selbige reinschauen möge: "Fudge sandwich" ist ein reines Cover-Album und damit ein echtes Ass im Ärmel. Denn: Die elf Nummern, allesamt Neu-Interpretationen von Künstlern wie John Lennon, Spencer Davis Group oder The Grateful Dead, klingen, als könnten sie auch von Segall selbst sein. Beachtlich ist das insofern, weil dieser Mann, der alles kann, kaum wirklich den einen eigenen Stil hat. Und dennoch ist das äußerst angenehm zu hören, wie er diesen mal mehr, mal weniger bekannten alten Haudegen hier mit ordentlich Strom, dort mit seiner lässigen Schnoddrigkeit, hier mit schwitzigem Westküsten-Blues, dort mit stürmischem Garage-Noise den Segall'schen Stempel der Semi-Einzigartigkeit aufdrückt. Das geht mit dem Opener "Low rider" bereits los, im 1975er-Original von der Jazz-Fusion-Kombo War, der sich von seiner ursprünglichen Version kaum noch mehr distanzieren könnte und sich so herrlich psychedelisch seinen Weg ins Innerste bahnt, dass es ein wahres Fuzz-Fest ist.

Eine Hommage an die deutschen Krautrocker Amon Düül II ist mit dem sowohl ab- als auch durchgedrehten "Archangel thunderbird" ebenso vertreten wie Neil Youngs "The loner", das seiner einstigen friedvollen Americana-Mentalität beraubt und mit Power Chords neu ausgestattet wurde. Dazu gesellt sich ein düsteres, aber ehrlich unter die Haut gehendes Cover des John-Lennon-Klassikers "Isolation" aus dessen Ära mit der Plastic Ono Band, und das fast schon an Speed Metal grenzende "St. Stephen" der Jam-Legenden von The Grateful Dead. Noch nicht bunt genug? Segall weiß Rat und setzt dem Album mit dem in seiner stromgitarrigen Rock-Pracht dennoch ziemlich groovy daherkommenden Funkadelic-Reinkarnation "Hit it and quit" das Absurditäts-Krönchen auf, während das von der Spencer Davis Group bekannte "I'm a man" dank seiner Mischung aus männlicher Kernigkeit und jugendlich-frischer Ironie abermals an Sympathie-Punkten gewinnt. Ganz ehrlich: Gebraucht hat "Fudge sandwich" wohl niemand – aber einen Mordsspaß macht das Teil allemal. Und von Ty Segall können und werden wir sicher nie genug kriegen.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I'm a man
  • Isolation
  • The loner

Tracklist

  1. Low rider
  2. I'm a man
  3. Isolation
  4. Hit it and quit it
  5. Class war
  6. The loner
  7. Pretty Miss Titty
  8. Archangel thunderbird
  9. Rotten to the core
  10. St. Stephen
  11. Slowboat
Gesamtspielzeit: 38:06 min

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Armin

2018-11-22 21:42:25- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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