Les Big Byrd - Iran Iraq Ikea

PNKSLM / H'Art
VÖ: 12.10.2018
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Im Bälleparadies

Es gibt solche und solche Albumtitel. Solche, die zur Musik passen, nur schön klingen sollen, übertrieben lang sind, oder einfach gar keinen. Und dann gibt es "Iran Iraq Ikea", das neue Album der experimentellen Rockband Les Big Byrd. Und wenn der ominöse Titel noch nicht genug Aufmerksamkeit geweckt hat, dann tun es vielleicht einige Referenzen, die die Stockholmer zu bieten haben. Gitarrist und Sänger Joakim Åhlund hatte im Zuge des Garagenrock-Revivals der nuller Jahre bereits Erfolg mit seiner Indie-Band Caesars und war außerdem Mitglied von Teddybears Sthlm, was die zeitweilige Synthpop-Affinität von "Iran Iraq Ikea" erklärt. Auf "They worshipped cats", dem Debüt des Nachfolgeprojekts Les Big Byrd, arbeitete er mit Anton Newcombe von The Brian Jonestown Massacre zusammen, beim zweiten Album sollte zusätzlich Sonic Boom alias Pete Kember von den Spacerock-Legenden Spacemen 3 dabei sein – unglücklicherweise verstanden sich die zwei Koryphäen im Studio aber überhaupt nicht, weswegen die Möglichkeit einer neuen Platte zwischenzeitlich in weite Ferne rückte.

Les Big Byrd brachten "Iran Iraq Ikea" schließlich ganz auf sich allein gestellt zu Ende, der konkrete Beitrag von Kember und Newcombe beschränkt sich auf ein Minimum. Einen guten Anhaltspunkt für den Sound dieses Albums liefern die zwei Namen aber trotzdem. Ganz offensichtlich ist das bei der ersten Single "A little more numb", auf dem Kember seinen einzigen Gastauftritt hat. Die psychedelische Gitarre, der monotone Beat, der spacige Synthesizer und der klassisch verträumte Gesang ergeben hier in Kombination mit einer eingängigen Melodie einen großartigen Popsong. Auch "I fucked up I was a child" verströmt ein versöhnliches, aber doch nostalgisches Flair, das der Refrain "a little less fun, a little less dumb, a little more numb" treffend in Worte fasst - schon beim ersten Hören ein Ohrwurm. Das zwischengeschaltete Instrumental "Pink Freud" erinnert wohl am meisten an Spacemen 3 - vor allem an ruhigere Momente wie "Feel so good" oder "Come down easy".

Der Titel des Openers deutet auf den zweiten großen Einfluss dieses Albums hin. "Geräusche" ist passend zum deutschen Titel ein sechsminütiger Krautrock-Trip und mit seiner schönen Klaviermelodie eine freundliche Einleitung. Angesichts des Musikvideos in Schwarzweiß, in dem alte amerikanische Autos über eine ewig lange Brücke fahren, könnte der Song auch ewig weitergehen. Stattdessen folgt "Let them talk", mit seinem hypnotischen, treibenden Rhythmus gleichfalls Krautrock-beeinflusst und vor allem der mit Abstand gefährlichste Song zwischen all der Pop-Sensibilität. Die Gitarren stehen deutlich im Vordergrund, Åhlunds Stimme schiebt sich nach dem zweiminütigen Intro allmählich in den Vordergrund, die Distortion wird ordentlich aufgedreht und bildet den logischen Schlusspunkt der Reise, bevor sich alles in einem ausufernden Solo verliert. Schwachstellen? Fehlanzeige. Der Closer "Mannen utanför" wirkt aufgrund des schwedischen Gesangs vielleicht noch am ehesten unauffällig, schlägt dank schwerer Klavierakkorde aber so melancholische Töne an wie kein Stück zuvor und schlägt damit endgültig die Brücke zum großen Spiritualized-Comeback "And nothing hurt". Und in dieser Hinsicht ist "Iran Iraq Ikea" so etwas wie dessen kleiner, verspielter Bruder.

(Theo Flint)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I tried so hard
  • A little more numb
  • Mannen utanför

Tracklist

  1. Geräusche
  2. I tried so hard
  3. A little more numb
  4. Pink freud
  5. I fucked up i was a child
  6. I've x-ed myself from your world
  7. Eon
  8. Interlude
  9. Mannen utanför
Gesamtspielzeit: 42:04 min

Im Forum kommentieren

myx

2022-08-21 21:25:53

Haben mich gestern beim Obstwiesenfestival begeistert. "Iran Iraq Ikea" geht im Nachgang ebenfalls sehr gut rein.

Good News: Sie haben für Ende Jahr ein neues Album angekündigt.

XTRMNTR

2018-11-17 20:53:24

Der Vorgänger „They Worshipped Cats“ gefällt mir sogar noch besser. Tolle Band! Kein Wunder dass Anton Newcombe die mit auf Tour nimmt.

slowmo

2018-11-17 19:56:08

Klingt nachdem ersten Hördurchgang auch sehr vielversprechend. Könnte in der Tat mit etwas Glück noch ein kleines Jahreshighlight werden.

XTRMNTR

2018-11-17 08:05:54

Großartiges Album. „A Little More Numb“ geht tagelang nicht mehr aus dem Kopf. So würde Jason Pierce klingen, wenn er nicht ständig Liebeskummer hätte.
Sind wohl auch live mit Brian Jonestown unterwegs gewesen.

Armin

2018-11-08 21:19:35- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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