Richard Ashcroft - Natural rebel

BMG / Warner
VÖ: 19.10.2018
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Without a cause

Was für eine Pose! Auf dem Cover seines aktuellen Soloalbums hat Richard Ashcroft nicht nur seine Haarpracht, sondern offenbar auch die Freude an der kultivierten Rockergeste wiedergefunden. Der Blick gesenkt, die Gitarre mit einem Arm fest in die Luft gerenkt. Dazu noch dieser Titel: "Natural rebel"! Wenn das nicht Rock'n'Roll ist, was dann? Problematisch an der ganzen Chose ist, dass auf der Platte nichts aufbegehrt oder gar rebelliert – bis auf allenfalls die eigenen Ohren nach dieser schmerzhaft öden Erfahrung. Ashcrofts Alben waren stets ein wenig Top oder Flop, auf "Natural rebel" hat er sich aber beeindruckend konsequent auf die zweite Option versteift. Die schwachbrüstig produzierten Songs begnügen sich fast ausschließlich mit belangloser Schunkelei in langsamem Tempo, gute Einfälle oder wenigstens gelungene Klone alter Hits wie auf "These people" noch "They don't own me" glänzen mit Abwesenheit.

Ashcroft selbst lungert dabei überraschend weit im Hintergrund des Klangbildes herum, vor viel zu lauten Leadgitarren und matschigen Drums. Was er singt ist jedoch ohnehin nicht von Belang. "I'm crazy and you know it / Oh-oh-oh / Although I really show it / Oh-oh-oh / Your beauty is so fine / It really blows my mind", heißt es im grausig überladenen "That's how strong". Die Melodien sind manchmal gefällig wie die Streicher des kitschigen "Birds fly", häufig aber auch nur erschreckend banal, voller pathetischer Nichtigkeit. Bemerkenswert wenig einprägsam ist das, obwohl die Songs traditionsgemäß in die Länge gezogen werden – hier noch ein Chorus, da noch ein überflüssiges instrumentales Outro und allerorten lieblos hingeklatschter Orchester-Bombast. In der Mitte des Albums schwingen sich wenigstens zwei Songs aus dem tristen Allerlei hervor, wobei nur das schmissige "That's when I feel it" in vier Minuten auf den Punkt kommt und anerkennendes Kopfnicken verdient. "Born to be strangers" gerät davor zwar auch relativ lebhaft, mäandert aber zu sehr in der eigenen Komfortzone.

"I'm a man in motion / All I need is speed." Nicht wirklich. "Money money" versucht sich am Ende noch an einem Tick Härte, klingt jedoch nur altbacken. "Battle rock, future shock / D'you know your songs mean nothing at all?", fragt er in Versuch eines Disses. Sein Ziel bleibt unklar – und letztlich auch vollkommen egal, denn bedeutunglos sind seine eigenen Songs schon zur Genüge. Niemand hat von Ashcroft eine Rundumerneuerung erwartet, dazu bewegt er sich zu lange schon in seiner orchestralen Softrock-Ecke, abgeschieden von jeglichen Trends. Doch "Natural rebel" ist in seiner Harmlosigkeit so blutarm geworden, dass es durchaus verblüfft. "I say hello to the world again / [...] / A natural rebel, here I am / But some of you won't understand." Hallo zurück, Richard. Wir verstehen in der Tat nicht, was an Deiner furchtbar harmlosen Songansammlung rebellisch sein soll.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • That's when I feel it

Tracklist

  1. All my dreams
  2. Birds fly
  3. Surprised by the joy
  4. That's how strong
  5. Born to be strangers
  6. That's when I feel it
  7. We all bleed
  8. A man in motion
  9. Streets of Amsterdam
  10. Money money
Gesamtspielzeit: 46:28 min

Im Forum kommentieren

didz

2025-05-24 17:39:36

für mich war in den letzten 20 jahren auch nich alles nen totalausfall. 'these people' war ganz gut und 'natural rebel' hatte zumindest 'surprised by the joy', der zu lang is aber ansonsten richtig gut.

gleichzeitig muss man natürlich trotzdem sagen, das auch wenn nich alles schlecht war in der zeit, nix auch nur annähernd an die verve sachen oder seine ersten beiden solo-alben rankommt.

er is halt 'nur noch' gut und gefällig, leider nich mehr großartig. wenn da ab und zu mal was tolles wie 'surprised by the joy' abfällt, reicht mir dat.

musie

2025-05-24 15:04:52

Vlt ists dann ja auf Acoustic Hymns, Vol. 2 eine Perle…

Hornrabe 1

2025-05-24 13:52:18

Dass Richie seit 20 Jahren nix vernünftiges mehr zustande bekommen hat, empfinde ich als sehr vermessen. THESE PEOPLE ist ein geniales Album, was das Songwriting angeht. Dass NATURAL REBEL stärker polarisiert, verstehe ich dann schon eher. Aber selbst dort sind immer noch genug Perlen drauf.

didz

2025-05-24 10:46:29

klar, aber das ändert ja am selbstverständnis nix.
ich kann mir wirklich nich vorstellen, das er sich dazu 'herablässt'(nich meine einschätzung, aber kann mir vorstellen das er das so sehen könnte) seine lieder von anderen schreiben zu lassen.

ich meinte auch nur, die beiden ausgangssituationen sind komplett unterschiedlich. die aussage 'liam is da cleverer' triffts deshalb für mich nich ganz, weil er jetzt auch nix anderes macht als er sonst immer gemacht hat.
wenn liam früher bei oasis der hauptsongwriter gewesen wäre, und dann irgendwann gesagt hätte 'leute meine songs bringens nich mehr, macht ihr mal und ich sing jetzt nur noch' dann könnte die aussage vllt hinhauen ;-)
weil dann wäre er cleverer weil er die situation erkannt und die konsequenzen daraus gezogen hätte.
aber ich weiss was du sagen möchtest.

Vive

2025-05-24 10:27:47

ich habe extra nachgeschaut, ob er den song lover tatsächlich selbst geschrieben hat, weil der eben gerade so wirkt, als hätte ein "cleverer" producer ihm den als den heißen scheiß aufgetischt, aber siehe da: er ist wirklich selbst federführend bei diesem song. songwriting und producing sind ja nochmal verschiedene paar stiefel, vielleicht ist das was wir hören auch schon der achte remix? ob er ihn wohl aus voller überzeugung so gestaltet hat? wenn ich da an song for the lovers denke, ist das ein weiter weg ins tal..

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