Mumford & Sons - Delta

Island / Universal
VÖ: 16.11.2018
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Oh, god of progress

Ist eine Weiterentwicklung tatsächlich immer gut? Rein sprachlogisch gesehen natürlich schon. Ob nun aber technologischer Fortschritt beispielsweise immer eine lohnenswerte Angelegenheit war und ist, darf man sich in Zeiten von globaler Erwärmung und zweifelhaften Innovationen wie Selfie-Sticks dennoch zurecht fragen. Was musikalische Weiterentwicklung angeht, lohnt sich wiederum besonders eine Auseinandersetzung mit Mumford & Sons. Traten diese mit "Sigh no more" höchstpersönlich den immer noch anhaltenden Folk-Pop-Trend los, der auch locker bis zum Ende ihrer Karriere die Taschen gefüllt hätte, zeigten sie trotzdem über die Jahre Mut zur Weiterentwicklung.

Das gipfelte auf "Wilder mind" von 2015 sogar im gewagten Schritt, das Banjo komplett in die Ecke zu pfeffern und stattdessen die elektrische Gitarre einzustöpseln. Dieses Wagnis darf man durchaus loben, hatten sie doch zuvor bereits den Hass der gefühlt halben Musikwelt auf sich gezogen und mit dieser Entscheidung ihr verbliebenes Lager noch einmal gespalten. Wenn Marcus Mumford und Mannen auf dem Nachfolger "Delta" nun wieder das olle Banjo entstauben, bedeutet dies allerdings mitnichten die Rückentwicklung zum guten alten Folk, denn bei allen in der Produktion des Viertwerks gezogenen elektrischen Registern darf das Banjo nur selten wirklich ein solches sein. Man kann also Mumford & Sons erneut nicht den Mut zur Weiterentwicklung absprechen. Ob das Konzept diesmal besser aufgeht als im eher lauwarmen "Wilder mind", steht allerdings in einem anderen Absatz.

Konzept ist dabei ein gutes Stichwort. Der vielversprechende Einstieg mit dem schönen, auf Harmonien und einen langsamen Spannungsaufbau setzende "42" lässt gerade mit den Vorab-Singles "Guiding light" und "If I say" im Hinterkopf hoffen, Mumford & Sons würden vielleicht einen ähnlichen Weg einschlagen wie zuletzt Bear's Den auf dem atmosphärisch dichten, von elektrischen Elementen und klug gesetzten Synthies bestimmten "Red earth and pouring rain" – allerdings sticht Mumford im mehrstimmigen Gesang eben etwas deutlicher heraus. Das Konzept, sofern es denn ein klares gibt, sieht sich aber weniger der Kohärenz als dem Experiment verpflichtet, nur geht nicht jedes davon gut aus. Das von einem billigen Handclap zum nächsten dahinplätschernde "Woman", das mit einem Boom-Clap-Beat aus der Tüte überzogene und ansonsten recht blutleere "Picture you" oder das bei allen Effekten nichtssagende "Darkness visible" sind lediglich die auffälligeren Stücke, die nicht nur Fluss und Stimmung des Albums schaden, sondern auch schlicht keine guten Songs sind. Wesentlich gelungener sind da die von einer düsteren Klangkulisse und Mumfords feinen Vocals getragenen "The wild", "October skies" und "Wild heart", während "If I say" und der Titeltrack mit einer etwas überbordenden, aber einnehmenden Dramatik zu gefallen wissen.

Das zentrale Problem von "Delta" besteht allerdings darin, dass keiner der genannten Songs so schön ist wie "The cave" oder so mitreißend wie "Little lion man", womit sich Progression nun zum zweiten Mal in der Bandgeschichte von Mumford & Sons nicht als Qualitätsmerkmal, sondern eher als Zeichen guten Willens entpuppt. Damit ist im Umkehrschluss selbstverständlich nicht gesagt, "Delta" wäre zwangsläufig ein besseres Album geworden, hätten Mumford & Sons nur wieder zu ihren alten Folk-Wurzeln zurückgefunden, auch wenn viele Fans sich genau das nun gerade angesichts der wirklich gelungenen akustischen "Guiding light"-Performances mit Sicherheit wünschen werden. Dennoch scheint es, als hätten die Briten sich nun endgültig in eine missliche Lage manövriert, da sie abermals den Fans der ersten Stunde vor den Kopf gestoßen, dabei jedoch bei allem Potenzial kein qualitativ so bestechendes Werk vorgelegt haben, dass man es ihnen leicht verzeihen würde. Bleibt nur zu hoffen, dass sie die richtigen Schlüsse aus dem mutigen Experiment namens "Delta" ziehen. Alles andere wäre zumindest für die Freunde von zwar einfacher, aber doch manchmal so schöner Musik eine schlechte Nachricht.

(Marcel Menne)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • 42
  • The wild
  • Delta

Tracklist

  1. 42
  2. Guiding light
  3. Woman
  4. Beloved
  5. The wild
  6. October skies
  7. Slip away
  8. Rose of Sharon
  9. Picture you
  10. Darkness visible
  11. If I say
  12. Wild heart
  13. Forever
  14. Delta
Gesamtspielzeit: 60:28 min

Im Forum kommentieren

Enrico Palazzo

2021-03-07 10:53:42

I may be naive, but "Banjo player from Mumford & Sons Comes Out As Nazi" was not a headline I foresaw...

Braha! Wenns nicht so traurig wäre...

Eliminator Jr.

2021-03-07 10:43:26

Banjo-Spieler outet sich als Rechtsaußen-Idiot.

https://consequenceofsound.net/2021/03/mumford-and-sons-winston-marshall-andy-ngo/

Kayto

2018-11-22 18:21:47

Könnt ihr bitte einstellen, dass nicht jeder dahergelaufene Vollhonk hier seinen geistigen Abfall hier ablassen kann? Bitte nur mit Registration oder so.

Was will man denn mit Kommentaren von "Rudi Aschlmeier" und "Andreas aus Auschwitz", bei denen wahrscheinlich noch der gleiche Depp dahinter hockt.

MopedTobias (Marvin)

2018-11-22 17:37:35

Falscher Thread? Die Mumfords waren mal einer DER Indie-Hypes.

Zerokolo

2018-11-22 13:48:47

Sag ja schon lang dass die auswahl der alben die hier rezensiert wird nicht besser wie laut.de is.
Peinlich was hier seid laengerem abgeht.

Warum rezensiert ihr dann nicht gleich helene fischer, heino oder die herzbuben??

Peinlich was aus dieser einst coolen site wurde

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