The Living End - Wunderbar

Rise / Warner
VÖ: 28.09.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Die Alterspräsidenten

Selbstzweifel und Kreativitätstiefs können den Alterungsprozess so mancher Punkrock-Band in seltsamer Art und Weise beeinflussen. Wer erfolgreich genug ist, schlachtet und melkt die hinlänglich geläufige Kuh mit Akustik- und Unplugged-Platten oder spielt einfach jedes Jahr eine lustlos-routinierte Tour – die Altersvorsorge im Rockbusiness sozusagen. Sympathischer hingegen ist, sich selbst als Band nicht zu ernst zu nehmen, Erwartungen wegzunicken und sich an erster Stelle dem Spaß an der Sache zu widmen. Schließlich gehe es nicht darum, "ein neues "Pet sounds" oder "Dark side of the moon" einzuspielen", wie The-Living-End-Kopf Chris Cheney treffend feststellte.

Sich seiner Stärken bedienen heißt bei Plattentests.de bekanntlich, unserem Mr. 7/10 jede Woche ausreichend Futter zu kredenzen. Doch nicht immer meint die abgegraste Floskel das Wiederkauen alter Tugenden, wie The Living End mit ihrem achten Longplayer "Wunderbar" beweisen. Denn dem räudigen Streetpunk ihres Debüts aus dem Jahr 1995 und dreckigen Bordstein-Kerben wie "Prisoner of society" scheint das australische Kult-Trio im 25. Bandjahr nur noch in Ansätzen nachzueifern. Das mag zunächst schade sein, denn Stakkato-Gepolter bietet "Wunderbar" höchstens in den ersten zwei Dritteln des Politsongs "Death of the American Dream" und im stürmisch-düsteren "Proton pill". Das macht aber überhaupt nichts, weil The Living End ihre Spielfreude stattdessen in tadelloses Songwriting umwandeln. Und um irgendwelchen alten Staubwolken hinterherzuweinen, sind Punkrock-Hymnen wie der raffinierte Opener "Don't lose it" oder der Refrainbolzen "Otherside" viel zu schmissig.

Insgesamt wirft "Wunderbar" seine Netze vom wilden Rock 'n' Roll mehr hin zu klassischen Arrangements aus. Da kommen neben The Clash vor allem The Police deutlicher als früher zum Zuge, und dennoch passt das nicht nur im eleganten "Love won't wait" erstaunlich gut zusammen. Auf feine Bassläufe und Kopfnicker-Stücke muss man ebensowenig verzichten, und "Not like the other boys" hat angehuschte Gitarrenlicks und einen herrlich druckvollen Refrain in petto. Unüberhörbar typisch The Living End ist der Sound der Gretsch, eine Gitarre, die im Punkzirkus wohl nur Cheney spielt und mithilfe derer er im feinen "Amsterdam" äußerst gekonnt den Billy Bragg macht. Und wenn nicht einmal die wirklich penetranten "Ohohoh"s in "Too young to die" wirklich nerven, weil auch das ein simpler, aber toller Punkrocker ist, darf es sich "Wunderbar" als fideler Alterspräsident neben der juvenilen Wucht von The Baboon Show bequem machen – für Fans klassischen Punkrocks das Double 2018.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Don't lose it
  • Otherside
  • Love won't wait
  • Too young to die

Tracklist

  1. Don't lose it
  2. Not like the other boys
  3. Otherside
  4. Death of the American Dream
  5. Drop the needle
  6. Love won't wait
  7. Proton pill
  8. Amsterdam
  9. Too young to die
  10. Wake up the vampires
  11. Rat in a trap
Gesamtspielzeit: 44:31 min

Im Forum kommentieren

MartinS

2018-10-15 14:30:20

Ziemlich gutes Album und auch schön, dass mal jemand erwähnt, dass The Living End im Punkrock-Zirkus ihren eigenen Sound pflegen.

Armin

2018-10-14 19:56:01- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Jaggy Snake

2018-10-05 09:26:26

Es ist tatsächlich überraschend gut geworden. Kommt hier noch ne Rezi?

MartinS

2018-09-28 08:26:16

Die erste Häfte von "State of emergency" fand ich super, danach hab ich die aus den Augen verloren. Vielleicht hör ich hier mal rein.

Jaggy Snake

2018-09-28 07:51:00

Mit der "White Noise" hat meiner Meinung nach eine rasante Talfahrt begonnen...mal sehen, was diese Platte kann. Ich mache mir aber keine großen Hoffnungen.

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