Patrick Siegfried Zimmer - Memories I-X

PSZ / Freibank / The Orchard
VÖ: 28.09.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das ist erst der (Neu-)Anfang

Spricht eigentlich noch jemand von Sufjan Stevens' Plan, alle 50 amerikanischen Bundesstaaten zu vertonen? Der Folk-Barde selbst hat das Vorhaben inzwischen als Witz abgetan und sich anderen Themen zugewendet. Zeit also für neue Künstler mit neuen Mammutprojekten. Wie wäre es beispielsweise mit diesem: alle drei Jahre zehn Tagebucheinträge zu Musik machen, über einen Zeitraum von insgesamt 30 Jahren. Man darf gespannt sein, ob Patrick Siegfried Zimmer, der dieses Vorhaben verfolgt, länger durchhält als Stevens, dessen Projekt bekanntermaßen bereits nach zwei Alben abgebrochen wurde. Nach fünf Lo-Fi-Veröffentlichungen unter dem Pseudonym Finn. von 2003 bis 2011 und der anschließenden Arbeit am ersten Spielfilm, der 2016 unter dem Namen "Anhedonia – Narzissmus als Narkose" erschienen ist, wird mit "Memories I-X" nun der musikalische Neustart des Wahl-Hamburgers Zimmer eingeleitet. Über weite Teile werden die zehn Titel nur von minimalistisch gezupfter Gitarre und Zimmers leierndem Gesang getragen, öffnen sich aber immer wieder in breitere, rührende Instrumentierungen. Ein Klavier setzt wichtige Akzente, Geigen streichen das nötige Quäntchen Pathos dazu, und die sparsam eingesetzte Posaune sorgt für die wärmenderen Klangfarben.

Zimmer bewegt sich selbstbewusst im Territorium des "Quiet is the new loud"-Mindsets, das auf Schlichtheit – und eben Ruhe – setzt. Der Opener "Sorrows" rollt mit einem wellenartigen Gitarrenmotiv und gespenstischem "Ooh ooh"-Backgroundgesang leise an, baut immer mehr Spannung auf und entlädt sich gegen Ende in einem wilden Schlagzeug-Krach, den man leicht als Metapher für die bedrückende Last der titelgebenden Trauer oder Sorgen interpretieren kann. Das Gitarrenspiel in "Waltz" erinnert an Nick Drake, und Zimmers Stimme klingt wie eine Mischung aus José González, Gregory Alan Isakov und Neil Young. Mit dem marschartigen "Paris" bietet das Album sogar einen Track zum Mitsingen, der einen wunderbaren Drive entwickelt und so kurz vor Ende einen der Höhepunkte setzt. Das einfallsreiche "Silhouette" kippt in der Mitte in einen langsamen Tango-Rhythmus, während Zimmer gut gelaunt verspricht: "I'll follow you to paradise". Textlich liefern die Songs simple, aber effektive Abhandlungen über Liebeskummer, Ängste und den Tod. "I will try / To hide the way / I feel inside / My lonely heart", singt Zimmer in "Embrace" und erzeugt damit eine fast schon unheimliche Intensität.

Das Herzstück des Albums ist das zwischen Tragik und Optimismus schwankende "Eternity". Bevor die Gitarre einsetzt, hört man das schäumende Meer und wird nach und nach in einen Strudel aus Verlust und Hoffnung gezogen. "I have to face the storm in you / I lost my love, my spouse, my muse / I need you so / Oh, and I love you so", säuselt Zimmer, und was anders dargeboten zu großem Kitsch werden könnte, erzielt hier voll und ganz seine Wirkung. Wenn im Anschluss vor mächtigen Streicher-Motiven die Refrain-Zeilen erklingen ("And I can see / Eternity / My tears will flow / My sorrows won't go, no"), hat Zimmer den Hörer bereits überzeugt: Hier ist es, das neue Mammutprojekt to watch.

(Simon Conrads)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Eternity
  • Waltz
  • Silhouette
  • Paris

Tracklist

  1. Sorrows
  2. Memories
  3. Eternity
  4. Love
  5. Embrace
  6. Waltz
  7. Silhouette
  8. Gold
  9. Paris
  10. Wind
Gesamtspielzeit: 36:19 min

Im Forum kommentieren

Flo

2018-10-12 08:31:15

Großartig!

Paul4

2018-10-06 17:41:54

Hammer Platte!

Robert222

2018-10-05 18:33:40

Ein wirklich wunderschönes Album!

Armin

2018-10-04 21:30:29- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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