The Lytics - Float on
Haldern Pop / Rough TradeVÖ: 07.09.2018
Die Soul-Verwandten
Skandal auf Plattentests.de: "Old man yells at cloud rap"! Wir wissen nun nicht, was die mehr oder weniger betagten Erzeuger von The Lytics aus Winnipeg zum Thema zu sagen beziehungsweise zu brüllen haben – fest steht, dass ihre Sprösslinge mit der fiepsenden, postmodernen Spielart des HipHop offenbar herzlich wenig anfangen können. Von aktuellen Genre-Tendenzen heben sich die Kanadier nämlich nicht nur durch die Nähe zu Boom Bap alter Schule und jede Menge Soul, sondern auch durch regelmäßige Auftritte beim Haldern Pop Festival ab, auf dessen Label auch ihr dritter Longplayer erscheint. Wo bleibt da das Straßen-Level? Schließlich findet das Quartett seine verschlafene Heimat – aus der immerhin auch John K. Samson stammt – nur ein bisschen scheiße. Aber manchmal reicht eben auch so etwas als Grund für HipHop.
Oder ein intakter Familienverbund. Um einen solchen handelt es sich bei den Brüdern Anthony, Andrew und Alex Sannie nebst Cousin Mungala Londe nämlich zweifellos. Und auch einen Geistesverwandten haben die vier an Bord: Als Coproduzent fungiert der frühere Beastie Boy Mike D, in dessen Studio "Float on" zu großen Teilen entstand. "Only under HipHop supervision", wie es in der Achtziger-Show "Graffiti rock" hieß, die seinerzeit nach nur einer Folge abgewürgt wurde und erst rund zehn Jahre später auf "Ill communication" vom legendären biestigen Trio per Sample wieder zu Ehren kam. Womit der Referenzkosmos grob abgesteckt wäre und bei "For my people" nach verhuschtem Intro erstmals eine fein geloopte Pianolinie und akzentuierte, den Community-Geist beschwörende Raps ins Spiel kommen. "Alright hear this"? Unbedingt.
Und bitte nicht nur dieses Stück: Auch nachfolgend fahren The Lytics eine aufgekratzte Vielfalt an beeindruckend tighten Rhythmen und Grooves auf. Da bleibt samt der sich ständig balgenden MCs kaum Platz im Kopfnicker-Gefährt aus dem Video zur zwischen melancholisch und lebhaft dahergejapsten Single "Glow" – im Kofferraum übertrumpfen sich währenddessen die Ortsnachbarn Cisha sowie Joshua Youngston vom Elektro-Pop-Kollektiv Vikings als Feature-Gäste gegenseitig mit beseeltem Harmoniegesang und croonigem Falsett. Nicht der einzige Moment, in dem The Lytics den Hörer mit der Nase darauf stoßen, dass sowohl Fugees als auch Lauryn Hill einst einige ziemlich gute Platten gemacht haben. Und dass das gleiche für Public Enemy gilt, belegt wenig später das bei Flavor Flav andockende Gegeifer des ebenso treffsicheren Upbeat-Tracks "Friction".
Doch auch wenn der gegenteilige Eindruck entstanden sein sollte: The Lytics sind keine Band, die sich hetzen lässt. Weder im versöhnlichen Wonneproppen "Good as gold" noch beim ebenso mit wohligen weiblichen Vocals glänzenden Midtempo von "Day dream", dessen versonnen genuscheltes Outro einmal als tiefenentspanntester Skit aller Zeiten in die HipHop-Geschichte eingehen könnte. Mehr Alarm macht der bassige Rumpler "Hold on" und sammelt Einflüsse von Slum Village über "Where the wild things are" bis hin zu The Stone Roses ein, ehe "Tried so hard" zu zurückhaltender Beatbox und jenseitigen Vocoder-Harmonien einen so gekippten wie stilvollen Schlusspunkt setzt. Eine Ahnung von – Cloud Rap? Oder eine kleinlaute Ode an das Scheitern? Ihr eigenes können The Lytics nach dieser großartigen Dreiviertelstunde jedenfalls kaum gemeint haben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- For my people
- Friction
- Good as gold
- Tried so hard
Tracklist
- Float on intro
- For my people
- Glow
- Sunshine
- Friction
- Day dreams
- Things you could use
- Good as gold
- Hold on
- Legendary
- Tried so hard
- Float on outro
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Klugscheißer
2018-10-04 21:50:30
Einer der Highlights ist ja gar nicht auf dem Album....
Armin
2018-10-04 21:28:44- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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