Advance Base - Animal companionship
Run For Cover / WarnerVÖ: 21.09.2018
... but alive
Irgendwo in den Hirnwindungen eines einsamen Musikliebhabers gibt es ihn: den Stammtisch der melancholischen Songwriter. Da treffen sich aller zwei Wochen Kurt Wagner, Will Oldham und Mark Everett, plaudern und sinnieren über die kleinen und großen Fallstricke des Alltags. Jetzt ist es aber so, dass um den Tisch herum vier Stühle stehen, einer fehlt also noch, weswegen die drei Herren ein Bewerbungscasting veranstaltet haben. Dabei ist ein komischer Kauz aus Chicago besonders aufgefallen, Owen Ashworth heißt er und hat als Advance Base sein neues Album "Animal companionship" dabei.
Die schummrige Ecke, die heute als Bühne dient, ist bevölkert von diversen Tasteninstrumenten, Synthies, Keyboards und Omas verstaubter Heimorgel. Damit legt Ashworth eine auf die Essenz reduzierte, melodische Grundlage für seine unprätentiösen Geschichten über die Niederlagen im Leben, die man scheinbar nie verhindern kann, aber umso stoischer zu ertragen hat. Da stirbt in "True love death dream" dem jungen Mädchen in einem Autounfall die große Teenagerliebe weg. "He had your name tattooed / You never saw it." Es bleibt nur ein zugebenermaßen wichtiger Trost: "Don't ever let them tell you any different / It was true love." Ashworth gönnt solchen Jedermann-Dramen eine warme, zutrauliche Haptik, lässt den Synthie eine ganz einfache, meditative Melodie spielen, angereichert nur mit ein paar programmierten Drums. Auch "Dolores & Kimberly" trägt einiges an Sorgen mit sich herum, das zeigt schon der ermüdete Rhythmus. Doch die lieblichen, glasklaren Tonfolgen des Keyboards erschaffen einen romantischen Schutzraum: "A midnight world / Just me and you."
Die Protagonisten von Ashworth hängen immer irgendwie dazwischen, inmitten der Gedanken an die Verflossene taucht die Erinnerung auf, wie deren Hund immer freudig bellte, wenn man erschien, und sowas ist stets ein kleines Schmunzeln wert. Und es finden sich noch weitere kleine Quellen der Freude innerhalb der Niedergeschlagenheit. "You & and me & the moon" schafft es sogar über die ganze Songlänge, gute Laune zu verbreiten, endlich ist der Moment gekommen, in dem Ashworth leicht angeduselt mit einem Gewinnerlächeln durch die Küche tänzelt – und das nicht alleine. Doch solche kleinen Triumphe des Glücks vergehen allzu schnell, die nostalgischen Synthies in "Rabbits" künden bereits davon, dass man sich wieder jenseits von Freude und Erfüllung befindet. Dass Ashworths Gesang sich nicht zu emotionalen Ausbrüchen verleiten lässt, sondern sein Schicksal tapfer erträgt, macht aus diesen Songs erst etwas wirklich Tragisches in kleinem Maßstab.
Doch die Dunkelheit ist nie allumfassend, "Care" zeigt zum Beispiel, dass eine gemeinsam durchgestandene Katastrophe die Gewissheit gibt, für den anderen vollumfänglich da sein zu können. Solche Erkenntnisse werden immer wieder von diesen traurigen, aber auch unschuldigen Melodien an der Hand geführt, die im einen Moment bedrücken, im anderen jedoch wieder Trost spenden. Die Geschichten auf "Animal companionship" verdeutlichen die Ambivalenz im Leben und im Erleben, nehmen sich selbst nicht zu wichtig und sorgen gerade deswegen für so manchen aus der Tiefe kommenden Seufzer. Mit solchen Eigenschaften ausgestattet steht es natürlich auch außer Frage, dass man damit jeden Stammtisch bereichert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dolores & Kimberly
- Your dog
- You & me & the moon
- Care
Tracklist
- True love death dream
- Dolores & Kimberly
- Your dog
- Christmas in nightmare city
- You & me & the moon
- Walt's fantasy
- Rabbits
- Same dream
- Care
- Answering machine
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NOK
2018-10-06 14:33:54
Hier gibt es eine sehr zauberhafte, knapp halbstündige Liveperformance: https://www.youtube.com/watch?v=6Fg_93HETJM
Setlist:
Dolores & Kimberly
Your Dog
Christmas in Nightmare City
Summon Satan
Summer Music
My Sister's Birthday
The Only Other Girl From Back Home
Care
NOK
2018-09-12 22:39:34
Herzlichen Dank dafür, dass Owen Ashworth jetzt auch hier Beachtung findet! Ich finde, dass der Typ grade als u.a. von der amerikanischen Short-Story-Tradition inspirierter Texter wesentlich mehr Beachtung verdient hätte, egal, ob er jetzt als Advance Base oder - wie früher - Casiotone for the Painfully Alone veröffentlicht. Ich glaube zwar vorsichtig eher nicht, dass mich noch irgendeine seiner künftigen Veröffentlichungen als Ganzes so packen wird wie seinerzeit "Etiquette" von CftPA, aber ich lass mich herzlich gern eines Besseren belehren und bin sehr gespannt auf das neue Album!
Armin
2018-09-12 21:01:15- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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