Melody Club - Music machine
Virgin / EMIVÖ: 05.05.2003
Generation Golf
Ich hatte keine schöne Kindheit - ich bin in den Achtzigern aufgewachsen. Die Leute trugen bunte Jackets mit Schulterpolstern, hatten ihre Haare hochtoupiert und hörten Musik von Spandau Ballet oder Duran Duran. Gut, es gab auch Andere, aber die hörten Wolf Biermann und demonstrierten gegen Atomkraftwerke. Coolnessmäßig waren die also auch nicht besser. Um so unverständlicher für mich, daß ausgerechnet dieses Jahrzehnt der kollektiven Geschmacksverirrung jetzt ein großangelegtes Revival feiert: Oliver Geissen kämpft zu Unrecht wider das Vergessen, und plötzlich gibt es wieder Bands, die bunte Jackets mit Schulterpolstern tragen und sich ihre Haare hochtoupieren.
Besonders die Skandinavier, die den Markt damals schon alleine beherrschen wollten, schicken sich wieder an, allen Glitter in die Waagschale zu werfen und die eingestaubten Synthesizer zu erneuten Glanztaten zu treiben. So auch die Schweden vom Melody Club, die zwar auf den ersten Blick aussehen, wie drittklassige Goth-Rocker (auch davon verkauft man im Norden fast soviel wie Billy-Regale), aber klingen, als hätten sie die letzten 15 bis 20 Jahre in einem polaren Eisblock verbracht: durchweg tanzbar und mit standesgemäß oberflächlichen Texten. "I wanna fall into your arms / If we just stay together forever and ever." Als wäre Rick Astley nie der Klassenfeind gewesen.
Einfach nur das Lebensgefühl einer längst vergangenen Ära heraufbeschwören zu wollen, ist natürlich ein riskantes Konzept. Vor allem, wenn man nachweislich gar nicht dabei war und alles nur von seinen großen Geschwister erzählt bekommen hat. Was, wenn die Jugend von heute lieber Slipknot hört und die Jugend von damals lieber zu den neuesten Machwerken ihrer Originale greift? Oder gleich zu den Klassikern von einst? Wenn sich niemand mehr für harmlose Popmusik interessiert, die von unerfüllter Liebe und wochenendlichen Feiern handelt? Melody Club machen sich keine Sorgen. Im Gegensatz zu manchem Helden von einst haben sie sogar noch gute Ideen, was man denn als nächstes so zitieren könnte.
"Music machine" ist tatsächlich genau das, was der Titel verspricht: eine glitzernde Scheibe, die längst vergangene Zeiten aufs geistige Auge projiziert und jede Menge Partyfeger abwirft. Auch wer das Glück der Spätgeborenen auf seiner Seite hat, wird bei der Beurteilung des Albums nicht um ein Wort herumkommen: knorke!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Covergirl
- Put your arms around me
- Golden day
Tracklist
- Covergirl
- Stranded love
- Play me in stereo
- Palace station
- Let's kill the clockwork
- My soft return
- Put your arms around me
- Electric
- Colours
- Angeleyes
- Golden day